LETZTER HALT
Tuck, tuck. Tuck, tuck. Gemächlich trabt die Dampflok weiter, der eisigen Dunkelheit entgegen. Ein müder Blick aus dem Fenster genügt, und die schneebedeckte Wüste gibt sich dem gedimmten Abteil zu erkennen. Wir schreiben den 22. Dezember 2023 und der tiefste Winter hat den russischen Raum mit seiner Pracht umgarnt. Eine schwer liegende Ruhe bekommt mich im Angesicht der Gefahr. Isolierglas ist das Einzige, das mich am Leben hält. Eine Horizontale, wie sie nur mit Lineal zu zeichnen wäre, male ich über die beschlagene Scheibe. Gott müsste man sein, um Himmel von Land zu teilen. Bekleidet von spärlichem Blaugrau, fügen unheilverheißende Wolken sich unbequem der währenden Nacht. An giftige Zuckerwatte oder faule Innereien von Plüschtieren muss ich denken. Wo ich auch hinsehe, etwas Beklemmendes wird mich erwarten. In Bodennähe ziehen vereinzelte Schneeflocken ihre Kreise, während peitschende Böen sie zu Genossen geleiten. Ein Paarungswunsch, dem Menschen gleich in seinem Bedürfnis nach Liebe. Gelegentlich ist es anzutreffen, das geglückte Bemühen des tanzenden Neuschnees, wie es an Höhe gewinnt und zum zahmen Wirbelwind in der Leere versiegt. Die Stärke, die es sucht, wird es in diesen Graden nicht erreichen. Hier, am Fuße des Ödlandes, wird es sie nicht erreichen.
Tuck, tuck. Tuck, tuck. Minus 31 Grad Celsius, Tendenz fallend. Acht Tage noch bis zum Ziel. Wie sehr Du kämpfen musst, lieber Zug. Der Kälte ausgesetzt, hat man Deinen alten Körper unsicheren Gleisen anvertraut. Zwei Weltkriege hast Du überstanden, ein Jahrhundert hast Du überdauert und Dein trauriger Verdienst ist ein endloser Dienst als hochumworbene Weltenbahn. ›Die legendärste Dampflok, jetzt auf Welt-Tournee.‹ Über 8000 Kilometer erstreckt sich die eurasische Linie, bis der höchste Norden des größten Landes erreicht ist. Gescheitert ist der teure Versuch, die weißen Dünen dem Tourismus in die Hände zu legen, und nur die Hingabe eines Oligarchen für die Geschichten vergessener Ären zwingt Dich zur Arbeit. Die Erschöpfung ist Dir anzusehen, lieber Zug. Quälend knarrt das erkrankte Blech neben dem rieselnden Schnee. Der langatmige Seitenwind erfreut sich wachsender Zuversicht, als begrüße es die mutige Gesellschaft im eigenen Heim.
Das Licht fackelt dunkel zum ruckelnden Wagon, die Kerze ist verbraucht und bald hinüber. Mühsam hängt ihr Feuer am seidenen Faden, der Wille zu leben prescht es voran. Gib schon auf, Kleiner. Ihr flüssiges Wachs hat die Schale geflutet, eine schwache Erhebung gewährt dem kämpfenden Docht die letzte Ehre. Brüchige Phrasen eines frühen Filmes fallen mir ein. Der natürliche Kreislauf. Anfang und Ende. Leben und Tod. Geburt und Wiedergeburt. Auf dem dürftigen Holzstuhl lehne ich mich zurück, die Kerze streng fixierend. Bilder aus Kindertagen laufen mir zu, Großmutters Weisheiten ersuchen mich. Im Dorfe aufgewachsen, war sie nie dem städtischen Geist zugeneigt. Die Idee von Strom und elektrischen Lampen waren ihr zuwider, umso mehr schätzte sie das händische Werk. Einmal demonstrierte sie, wie man flüssiges Wachs bereinigte. Zunächst befreite sie das Geschmolzene aus Stücken schwarzen Lichtgarns. Anschließend paarte sie die Einzelteile zur Schnur, und befestigte ihr Ende unter eine Form, um die das Wachs gegossen wurde. Kühle Bedingungen vorausgesetzt, würde in Stunden eine Kerze zur Verfügung stehen. Geburt und Wiedergeburt. So wie der Schnee dem Abbild des Sturmes nacheifert, wird auch ein Leuchten von Sonnen träumen. Eine Gier, so menschlich, dass mir ein seltenes Lächeln gelingt. Wäre ich doch nur wie Du, kleiner Freund. Dicht vor einem beschriebenen Blatt, beleuchtet Dein Flämmchen das Nötigste. Ein schmaler Holztisch, getroffen vom Schatten meiner trägen Gestalt. Bordeauxrote Vorhänge, die ich nie zuziehe, sowie Teile eines gleichfarbigen Teppichbodens. Ein in die Jahre gekommener Hängeschrank, mit einer Tür, die sich nicht ganz schließen lässt, und die trübe Silhouette eines geräumigen Bettes zur Linken. Verteilt auf neun Quadratmeter, ein genügsamer Aufenthalt, und kostspielig genug, dass ein Sparbuch aufkam. Nicht, dass es je wieder benötigt wird. Ein leises Seufzen entfährt mir, während ich die Arme hinter den Kopf verschränk. Pseudophilosophie liegt mir überraschend gut, aber das viele Denken ist zehrend. Die Augen senkend, bemerke ich den Stapel am Tischrand. Geschriebene Briefe, die eine Poststelle verlangen, adressiert an Menschen, die mich prägten. Zwölf Umschläge zähle ich, und einer ist geblieben. Ein letzter Brief, erst kürzlich vollendet und mir selbst gedacht, auf dass kein Zögern Zutage kommt.
Hey, hey, hey! Liban! Wie geht es Dir?
Darf ich vorstellen: ich bin Du, aber einen Tick älter. Reifer, schärfer und klüger, aber immer noch Du. Hi! Du glaubst mir nicht? Ich verstehe das. Sicher hältst Du es für seltsam, dass ich meinem jüngeren Ich einen Brief schreibe, weil, wie soll das überhaupt funktionieren? Nun, um ehrlich zu sein habe ich nicht die Absicht, ernsthaft zu Dir zu sprechen. Es geht mir um die spirituelle Idee dahinter. Indem ich den Spiegel vorhalte und der Wirklichkeit gegenübertrete, kann ich mich Dingen stellen, die anders nur schwer zu meistern wären – oder so ähnlich, so ganz habe ich das auch nicht gerafft. Du magst es kaum glauben, aber ich befinde mich derzeit in einer altmodischen Dampflok auf dem Weg ins Nirgendwo, da kommt man halt auf derlei Blödsinn. Nein, die langweilige Wahrheit ist, dass es ein Problem gibt, das ich anders nicht verarbeiten kann, und weshalb Du jetzt für den Support herhalten musst. Klingt so gar nicht nach mir, was? Ja, das hat das Erwachsensein so an sich. Probleme über Probleme, und die Suche nach einer Lösung für das Problem. Jeden Tag gibt es ein neues Problem, und bei Fahrlässigkeit sammeln sich die Probleme. Aus einem Problem werden schnell zehn Probleme, aus zehn werden 100, und ehe man sich versieht, steht man vor einem gewaltigen Berg an Sorgen.
Ich will Dir nichts vormachen, junger Liban, aber wenn sich vor mir bloß ein Berg befände, würde ich hier keine Zeilen setzen. Es ist mehr als das, und leider das unglückliche Ergebnis falscher Entscheidungen, in einem Leben, das einst so viel versprach. Schon oft habe ich mich gefragt, was mich so weit getrieben hat. War ich vielleicht blind? War ich zu naiv? War ich ignorant, oder voller Idiotie? Die Antwort liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Schließe ich die Augen sehe ich eine Gebirgskette, unverrückbar und unendlich lang. Es braucht die Sicht eines Falken, um den schwachen Fleck in ihrer Mitte zu merken. Ein Fleck, kaum größer als ein Punkt, umgeben von hochragenden Abhängen aus totem Gestein. Auf ihr sitzend befindet sich eine magere Gestalt; nackt und gealtert mit unsauberen Haaren, in einem scheußlichen Grau, das zum Rücken reicht. Die Haut ist blass und frei von Wärme, ein sterbendes Gesicht ragt aus ihr vor. Trockene Lippen sind verkommen zum Strich, und kraftlose Wangen mit Rissen bestückt. Sein leerer Ausdruck reicht in die Ferne, während spröde Knochen zum Verharren zwingen. Das bittere Symbol einer Tragödie, zum Leiden verdammt, bis dass der Tod ihn empfangen wird.
Vielleicht ist das Deine Zukunft, aber gewiss ist es meine. Weil ich dem Teufel das Vertrauen schenkte, haben Schulden mich der Freiheit beraubt. Schlimmes habe ich erduldet und Schreckliches habe ich vollbracht, und gestraft wurde die Bitte, den Frieden zu finden. Treue Freunde nahm man mir, eine liebende Familie entriss man mir, und einig waren sich die Hüter. Ich soll sie getötet haben. Kannst Du das glauben? Alles, was mir je etwas bedeutete, war weg, und ich soll sie getötet haben. Auf diese Weise operiert er, Francesco Milione. Der Bringer des Unheils, Tyrann meiner Seele und Kopf der Serpente – eine Mafia, so klischeehaft, dass ihre Effizienz wieder erschreckt. Mit Angst mäßigen sie jene, die von der Linie treten, und ich gestehe die Panik, die mich gerade bemannt. So wurde ich vor die Wahl gestellt. Ein heimliches Dasein als gesuchter Mörder, oder die endgültige Unterwerfung im Sinne der Schlange.
Furcht und Terror ist was ihr Geschäft nährt, aber der Stolz Libans ist nicht zu brechen. Hörst Du? Er ist nicht mehr zu brechen. Ein Mann, der nichts zu verlieren hat, kennt nur zwei Auswege. Entweder wird aus Verzweiflung eine Waffe geschöpft; Wagemut wäre mit Speerspitzen entlohnt, und der Geist geschärft für das große Finale. Es ist der All-In einer Existenz, der Gipfel des persönlichen Potenzials, kumuliert auf einen Augenblick. Man fällt als Held oder erwächst zur Legende. Alles oder Nichts, die Königsdisziplin unter den Mutproben. Die Alternative ist weniger imposant. Man fügt sich dem Schicksal, akzeptiert seine Rolle und hofft auf das Beste. Zu lange hat man gelitten und zu viel hat man durchlebt. Des Kämpfens überdrüssig, ist es endlich an der Zeit zur Ruhe zu kommen. Schwert und Schild werden abgelegt, die Schlacht ist vorüber und der Krieg beendet, denn verloren haben wir.
Junger Liban, es heißt, wir Ausgewachsenen seien schwierig. Wir handeln zu umständlich, sind selten zu begreifen und geben bloß vor, wichtig zu sein. Vermutlich hast Du die Hälfte des Briefes sowieso nicht verstanden, aber lass mich Dich trotzdem fragen: was hättest Du an meiner Stelle getan? Welchen Weg würdest Du einschlagen? Ist doch ganz einfach! Ja, ich brauche es nicht mal hören und weiß, was Du sagen möchtest. Es ist so simpel, so offensichtlich, und dennoch unmöglich. Das ist die Art von Mann, zu der ich geworden bin. Ein rückratloser Feigling, der der Vergangenheit den Rücken kehrt. Zu flüchten habe ich entschieden, ehe die Schlinge meinen Hals spannt, und welch Mittel ist sicherer als die spärlich besuchte Weltenbahn, kurz vor den Feiertagen? Haha… Es tut mir leid. Aber der Stolz Libans ist nicht zu brechen, weil ich bereits gebrochen bin.
Voller Demut, Reue und Bedauern,
Liban
Sanft blinkt die gelbe Leuchte über der Tür. Weshalb man um zwei Uhr morgens zum Essen ruft, erschließt sich nicht. Zu lädiert ist wohl das Zeitgefühl, um jetzt noch nach Uhren zu gehen. In diesen Sphären gleicht Chaos der Norm, und das nordsibirische Zimograd weilt darin. Eine Großstadt, geschaffen von Nachkommen stalinistischer Verräter, und Achse für Verbrecher, die den Ruhestand begehren. Hier wird der Schutz geboten, den ein Abtrünniger sucht. Erbaut auf einer Eisschicht, die weit zum Boden ragt, hat das Volk gelernt, sich dem Frost zu beugen. Toxische Benziner, die immerzu laufen, verhüllen die Stadt im dicken Smog, während trostlose Gebilde zum Verstecken laden. Der perfekte Unterschlupf, isoliert vom Rest der Welt.
Für den letzten Brief ist kein Umschlag vonnöten. Ein Moment des Überlegens verstreicht, ehe ich das Kuvert in die Hand nehme. Vielsagend führe ich es über das zarte Licht, beobachte aufmerksam die willige Regung. Faszinierend. Wie sehr Du danach verlangen musst, kleiner Freund. Als spüre die Flamme ihren Retter nahen, streckt es gefügig den Leib zum köstlichen Mahl. Von raschen Zuckungen, über liebliche Lockungen, ist es gänzlich bereit, mir hörig zu sein. Der Selbsterhaltungstrieb eines jeden Individuums. Stolz und Scham sind nicht von Bedeutung, im Angesicht des Wunsches nach einem Morgen. Es ist die letzte Gelegenheit, im Diesseits zu bleiben, und ich bin es, der darüber entscheidet. So muss sich Francesco gefühlt haben. Wut keimt in mir auf. Das ist die Macht, die ihn zum Herrschenden macht. Ob es ihn verärgert, dass ich verschwunden bin? Oder war ich von vornerein ohne jeden Wert? Verdammt. Ein stechender Schmerz erfüllt die Brust. Und für sowas mussten sie sterben.
Prüfend warte ich, bis der Glutnagel erlischt. Mach es gut, Kleiner. Die Schiebetür zuziehend, fällt mein Blick auf ihr Schild. Abteilnummer 25-4. Fünf weitere Türen sind daneben zu finden. Gäste vorausgesetzt, würde man die Eingänge mit Blumenkränzen dekorieren. Dumpf schlagen die hellbraunen Winterschuhe über den Fahrzeugboden, den vorausliegenden Speisewagon im Visier. Der beigefarbene Rollkragenpullover wärmt ausgiebig zum beheizten Wagon. Echtes Kälteempfinden über die tiefschwarze Hose ist nur nach Öffnen von Zwischentüren zu spüren, wenn schwach gedämmte Übergänge aus robustem Gummimaterial in den nächsten Abschnitt führen. Insgesamt 30 davon zählt die Weltenbahn, gebunden an eine gewaltige Kette an Güter; ein unfreiwilliger Kompromiss des Inhabers, lässt sich die Linie sonst kaum finanzieren, und ein praktikabler Weg für die Zimograder, 300.000 Einwohner zu versorgen. Während das Ende bis Wagon 27 dem Personal zugeschrieben gilt, beheimaten die voranstehenden sieben, Gäste dritter Klasse. Wagon 15 bis 20 ist für die zweite Klasse vorgesehen. Dann folgt der Essensraum, und bis zum achten Wagon eine Ansammlung erholungs- oder unterhaltungsspezifischer Angebote, weit oberhalb einer jeden Geldgrenze. Nur die wahre Prominenz weilt noch weiter vorne, mit einem Luxus, deren Ausmaß sich der Vorstellungskraft von Normalsterblichen wie mir entzieht.
»Willkommen, Herr Dariush«, begrüßt mich der fein angezogene Zugbegleiter im Speisewagon. Es wäre mir lieber, er spräche nicht meinen Namen aus. »Bitte entschuldigen Sie den späten Ausruf. Vor wenigen Stunden haben wir russisches Terrain erreicht. Die Gesetzgebung sieht uns in der Pflicht, eine Ausweiskontrolle durchzuführen. Um Ihnen die Umstände zu erleichtern, haben wir ein vortreffliches Mahlangebot der ersten Klasse serviert. Falls Sie einen Wunsch haben sollten, lassen Sie es mich gerne wissen. Das Personal der Weltenbahn wünscht weiterhin einen angenehmen Aufenthalt.« Unruhig schlägt mir das Herz, als das geöffnete Shōji den Essenssaal freilegt. Eine Ausweiskontrolle? Was wenn…? »Wenn ich es mir recht überlege, habe ich doch keinen Hun-«, will ich einwenden, bevor der Bedienstete wohlwollend die Arme ausbreitet. »Wir bestehen darauf, Herr Dariush. Es ist ein langer Weg, bis zu Ihrem Abteil.« Ich muss laut schlucken. Erst jetzt fällt mir die leichte Ausbeulung unter dem blattgrünen Sakko auf. Eine Waffe! Angstschweiß macht sich in mir breit, das scheinheilige Lächeln des Angestellten schreit förmlich nach Verderben. Auf der Stelle verharrend, in der Hoffnung, ein Geistesblitz treffe mich, will der Mann keine falschen Gedanken erlauben: »Herr Dariush, die Gäste warten bereits«, als ich leicht den Kopf verdrehe und panisch die Augen aufreiße. Hinter mir, zwei hochgewachsene Anzugträger, mit dunklen Brillen über finsteren Mienen. Das kann doch nicht…? »Herr Dariush!«, wird der Zugbegleiter fordernder, und die Schockstarre bekommt mich. Das war’s dann wohl.
Und damit ein herzliches Hallo an alle fleißigen Leser. Danke, dass Du es bis hier geschafft hast. Dieses winterliche Gesuch wurde bereits vor einigen Monden zu Papier gebracht, die unzeitgemäße Veröffentlichung sei bitte zu verzeihen. Ich habe Lust auf ein langhaltendes und fesselndes Rollenspiel, das ich im weiteren Verlauf gemeinsam verfeinern und ausarbeiten mag. Ein Kernelement stellt Libans gebrochenes Selbst und sein Heilungsprozess dar, und wie es der Zufall so will, wird Deine Figur eine zentrale Rolle dabei spielen. Die Serpente als Verbrechersyndikat kann ein potenzieller Gegenspieler werden, und die Vorgeschichte Libans bzw. Schlusssequenz meines Startposts dürfte eine ungefähre Vorstellung darüber vermitteln, wie sich die Gruppierung miteinbauen ließe. Dann hätten wir noch die Weltenbahn, die für die nächsten acht Spieltage als prominentester Ort herhält. Eine grobe Übersicht der Zugstruktur ist bereits gegeben, aber natürlich besteht da eine große Menge an Präzisierungsbedarf. Zimograd als Zielort wird die zweite Station sein. Eine derart sonderbare Großstadt eröffnet viele Möglichkeiten, und ich freue mich darauf, sie mit Dir zu erörtern. Zum Schluss wäre da noch Deine Figur. Ich denke da an eine freimütige Abenteurerin, voller Lebensenergie und den unmöglichsten Wunschträumen. Eine überoptimistische Frau, mit ungesunder Risikobereitschaft, dass ihr ständiges Glück fast schon kriminell ist und sie wieder bewundernswert macht. Jemand, der eigentlich so gar nicht in das traditionelle Bild unserer Gegenwart passt und gefühlt einem Fantasyroman entspringt. Auch sie befindet sich auf dem Weg nach Zimograd, aber aus gänzlich anderen Gründen. Sie ist auf der Suche nach dem sagenumwobenen Ledovka – einem magischen Dorf, das versteckt hinterm Frost liegt, und von dem es heißt, es sei dort in der Nähe. Unzählige Gerüchte, Halbwahrheiten und Zeugenberichte kreisen dazu umher, und selbst in alten Märchen wie Liedern ist davon zu lesen. Auf der Weltenbahn treffen die beiden Gegensätze aufeinander, und wie das mit schicksalshaften Begegnungen nun mal so ist, führen die Dinge dazu, dass unsere Zwei in eine unvergleichliche Reise hineingezogen werden.
Du magst Dir wahrscheinlich denken, dass die Story damit zu überladen wirkt, aber ich habe nicht die Absicht, unser ganzes Schießpulver auf Anhieb zu verscherbeln. Alles zu seiner Zeit eben, und so eine breite Themenpalette wird uns da mit Sicherheit genug beschäftigt halten. Selbstverständlich könnte man auch darüber überlegen, Deine Figur anderweitig einzubinden. Als Weltenbahn-Personal, reicher Zuggast, blinder Passagier oder Enkelin des Oligarchen. Eine heimliche Serpente-Agentin, die nach Libans Leben trachtet, oder eine herzensgute Milione-Tochter, die sich vom Vater abgewendet hat. Mitglied einer Zimograd-Mafia, ggf. mit einem Hass auf die Schlangen. Eine Gleichgesinnte, die ähnliche Schwierigkeiten wie Liban plagen. Oder sogar als menschliche Verkörperung der Weltenbahnseele, auf der Suche nach einer letzten Ruhestätte, zu welchem Zweck sie einen bittersüßen Handel mit dem ebenso lebensmüden Liban eingeht, und so vieles mehr. Die Grundprämisse ist etwas Atmosphärisches zum Winter. Polarlichter, ein Sternenhimmel, die Kombination mit der Lokomotive, der Schnee, ein bisschen Magie... Eisvulkane (frag nicht). Ich bin sicher, Du weißt, was ich meine. Pack noch die obligatorische Romanze mit rein, und Du hast Dein herzerwärmendes Spiel. Möglicherweise hast Du sogar eine bessere Idee? Wie wäre zum Beispiel die Vendetta-Schiene? Wir haben es in der Hand. Wenn ich Dein Interesse geweckt habe, darfst Du mir gerne eine Nachricht hinterlassen.