Bryan konnte sich kaum vorstellen, dass Cole es so schwer haben würde, wie er. In dieser Stadt schien es anders zu sein, zumal das Mobbing nicht durch seine Homosexualität ausgelöst wurde, doch würde er das noch nicht erzählen. Er war damals froh, seine Familie zu haben und als er dann anfing, so viel im Internet unterwegs zu sein und darüber Leute kennenzulernen, war er auch froh, diese zu haben. Sie waren seine einzigen Freunde und er war froh, dass sie ihn so nahmen, wie er war, wobei er auch ihnen nichts von seiner Transsexualität erzählt hatte. Als er sie kennenlernte, nahm er bereits seit gut einem Jahr Testosteron und hatte entsprechend eine tiefere Stimme und ein maskulineres Aussehen.
Als Cole nochmal nachhakte, nickte Bryan leicht. "Ist in so einem Dorf nichts ungewöhnliches..." Gab er dabei von sich, da dort einfach alles schnell die Runde machte und alles, was anders war, wurde erstmal verpönt. Sicherlich gab es auch Dörfer, wo das nicht so war, doch in dem waren die Leute wirklich schlimm. Leicht spannte Bryan sich an, als Cole nachfragte, warum er gemobbt wurde und ob es einen Grund dafür gab. "Nichts kann Mobbing begründen..." Meinte er zunächst, denn vollkommen egal, wie jemand war... ob beeinträchtigt, ob er oder sie anders aussah, wegen der Herkunft, Körperfülle, Sexualität oder sonst war... nicht begründete es, jemanden fertig zu machen und diese Menschen damit teilweise sogar in den Tod zu treiben. "Ich möchte nicht darüber reden... vielleicht irgendwann mal..." Murmelte er noch, während er seine Wange an Coles Hand schmiegte und ihm in die Augen schaute. Er konnte noch nicht darüber reden, denn dann müsste er ihm zwangsläufig sein Geheimnis verraten und das wollte er nicht.
"Lass uns über was schöneres reden." Schlug er vor und dachte einen Moment nach. "Wie lange und woher kennst du denn Tristan und Alex?" Wollte er wissen, da ihn das schon sehr interessierte. Die drei schienen sich schon lange zu kennen und verstanden sich offensichtlich auch sehr gut. Gerade bei Alex interessierte es ihn, da dieser etwas älter war.
Zwischen Geheimnissen, Liebe und Unsicherheit
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Cole bemerkte sofort, wie Bryan sich versteifte und anspannte. Er strich ihm durch die Haare mit einer Hand und erneut über seine Wange. Es schien ein sensibles Thema zu sein. "Hey ist okay, versteh ich." Sagte er, verständnisvoll nickend, obwohl er schon sehr neugierig war. Doch auch er hatte ja so seine Geheimnisse, vielleicht war es einfach noch nicht an der Zeit, dass sie alles miteinander teilten. Auf den Themenwechsel ging Cole deshalb sofort ein, er wollte nicht, dass Bryan sich unwohl fühlte. Das hatte er ja bereits am Vortag mit seinem Ausrater geschafft. Als Bryan die Frage also stellte, müsste er direkt grinsen, als er an die eine Geschichte dachte. "Also bei Tristan ist es eigentlich ganz simpel. Als er auf unsere Schule gekommen ist, da waren wir circa 11, haben wir uns direkt angefreundet und seitdem immer gemeinsam scheiße gebaut." Sagte er grinsend. "Alex, naja, die Geschichte ist etwas wilder. Es hat alles damit begonnen, dass wir skaten waren." Und so fing er an, wenigstens 20 Minuten die Geschichte zu erzählen, wie er Alex beim Skaten kennengelernt hat. Das dieser ein paar Mädchen beeindrucken wollte, welche jedoch Cole hinterherliefen. Cole war 14 Jahre alt und Alex war noch 16, kurz vor seinem 17. Geburtstag an einem Sommertag im Juli. Die Mädchen waren 15 Jahre alt, liefen jedoch dem Jüngeren hinterher, aufgrund seiner Tricks. Es war sozusagen ein Konkurrenzkampf am Anfang gewesen zwischen den beiden und Alex verlor kläglich. Er versuchte einen Trick nachzuahmen, welchen Cole zuvor gemacht hatte. Cole erklärte Bryan wie man den Trick, namens 'dreifacher Todessturz' richtig durchführte, und was Alex falsch gemacht hatte. Dieser war wegen einer kleinen Fehlstellung seines rechten Fußes gestürzt und schlug sich seine Hände und Knien auf. Cole stand dann vor der Entscheidung, sich mit den Mädchen über ihn lustig zu machen und diese weiter zu beeindrucken, oder ihm zu helfen. Cole entschied sich für beides und machte sich erst über ihn lustig, bevor er ihm half. Doch Alex wollte nicht aufgeben, den Trick zu probieren. Das bewunderte Cole. Also brachte er Alex, trotz seiner leicht blutenden Knie, den Trick bei. Dies war etwas zeitaufwändig und die Mädchen verloren Interesse. Alex hatte Mixery Getränke in seinem Rucksack und die beiden skateten und tranken diese Getränke bis spät an diesem Abend. So würden sie Freunde. Obwohl Cole jünger war, entschied er sich dazu, Alex zu helfen, statt die Mädchen zu beeindrucken. Das gefiel Alex und er gab sich ausnahmsweise mit einem Jüngeren ab.
Cole und Bryan erzählten sich noch eine ganze Weile und zwischendurch küssten sie sich ein weiteres Mal. Die Welt schien schön und völlig in Ordnung. Langsam ging die Sonne unter. "Schau, der Sonnenuntergang." Sagte Cole und setzte sich, gemeinsam mit Bryan, auf. Er legte einen Arm um den Kleineren neben ihm und lächelte, als er die Sonne beim untergehen betrachtete. Alles wurde in gold getaucht und es schien ihm so, als würde die ganze Welt heute etwas heller leichten. Es war ein wunderschöner Anblick, wie die Sonne verschwand und die Dämmerung anbrach. Cole fühlte sich glücklich, dieses Gefühl hatte er in so einem Ausmaß schon lange nicht mehr. Er sah zu Bryan und lächelte etwas.
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Bryan war froh, dass Cole ihn nicht dazu drängte, etwas zu erzählen. Er akzeptierte es und ging gleich auf den Themenwechsel ein, was den Jüngeren unheimlich erleichterte und dafür sorgte, dass er Cole noch etwas anziehender fand. Die Tatsache, dass dieser es verstehen und akzeptieren konnte, dass Bryan etwas nicht erzählen wollte, war unheimlich schön. Es gab genug Menschen, die ihn gelöchert hätten oder die ihm dumm gekommen wären.
Er hörte Cole dabei zu, wie dieser ihm erzählte, wie er Tristan und Alex kennenlernte. Bei Tristan war es ziemlich unspektakulär und bei der Story zu Alex, musste Bryan immer wieder mal lachen, da es einfach zu komisch war. Es war wirklich interessant. Irgendwie hätte er Alex auch nicht so eingeschätzt, doch war dieser damals ja auch noch jünger. Dass er sich dann mit einem deutlich jüngeren angefreundet hatte, zeigte eigentlich auch, dass er kein übler Kerl sein konnte, wobei Bryan ohnehin nicht das Gefühl hatte, dass Alex ein schlechter kein sein könnte.
Die beiden erzählten sich alles mögliche, wobei Bryan auch von den Unterhaltungen und 'Abenteuern' mit seinen online Freunden berichtete, da da auch einige lustige Dinge bei waren. Es war einfach eine so unbeschwerte Zeit, die die beiden miteinander verbrachten, welche sie auch beide genossen, sich zwischendurch immer wieder mal küssten, sich Nähe spendeten.
Als der Ältere ihn auf den Sonnenuntergang aufmerksam machte, setzte Bryan sich mit ihm auf und rutschte dicht an Cole heran, während er den Sonnenuntergang beobachtete. Langsam tauchte die untergehende Sonne den Himmel in orange, gelbe, rötliche und teils rosane Farben, welche den Himmel weiterhin erleuchteten. Sein Blick wandte sich ebenfalls zu Cole, welchen er anlächelte, ehe er sich zu ihm rüber beugte und ihm einen sanften, etwas längeren Kuss auf die Lippen drückte. Nie hätte er gedacht, sich mit Cole den Sonnenuntergang anzuschauen. Wie konnte so schnell sowas schönes entstehen? Als hätte es die Zweifel nie gegeben. Wie lange würden sie das genießen können? Wie würde sich alles entwickeln? Es waren diese Fragen und noch mehr, welche Bryan im Kopf umher spukten.
Langsam löste er den Kuss wieder und blickte dem Anderen in die Augen. Am liebsten würde er aussprechen, was sein Herz fühlte, doch war es dafür noch zu früh, oder? Würde er es aussprechen, würde Cole sicherlich schnell Reißaus nehmen. Dann wäre es vorbei... Nein, das wollte Bryan nicht. Er wollte erstmal abwarten, wollte sehen, wie sich das alles wirklich entwickelte.
Erneut drückte er dem Anderen einen kurzen Kuss auf, ehe er wieder in Richtung Sonnenuntergang blickte, wo der letzte Zipfel der Sonne gerade verschwand. So schön Sonnenuntergänge auch waren, sie gingen wirklich schnell vorbei. Wahrscheinlich war genau das das Besondere an ihnen, neben der Schönheit? "Wann musst du los?" Fragte Bryan den Anderen leise, zu welchem er wieder schaute. Am liebsten würde er ihn nicht gehen lassen, oder zumindest mitkommen. -
Cole genoss die Küsse von Bryan, das Ambiente und der Augenblick waren ja auch perfekt. Er erwiderte diese zärtlich. Dann lösten sie sich und sahen sich gemeinsam den Sonnenuntergang an. Auch er hielt für einen Augenblick inne und dachte über ihre gemeinsame Zeit nach. Es ging wirklich schnell, wie sich das alles entwickelt hat. Zu schnell? Cole wusste es nicht. Doch das war jetzt auch egal. Der Moment war einfach zu schön. Die Gedanken jedoch blieben beständig, insbesondere weil er in circa einer Stunde wieder einen Kunden hatte. Das war schon seit Monaten nicht mehr vorgekommen, man musste schließlich auch aufpassen. Manchmal tat sich lange Zeit nichts, und dann kommt alles aufeinmal. Dies schien nicht nur mit seinen Drogen Geschäften so zu sein, sondern auch in seinem Privatleben. Alles schien aufeinmal auf ihn einzuprallen. Diese Gefühle war Cole nicht gewohnt und ja, er hatte Respekt vor ihnen. Jedoch versuchte er, nicht zu sehr darüber nachzudenken.
Als der Sonnenuntergang vorbei war und es langsam dunkler wurde, genossen beide noch einige Minuten in völliger Stille. Sie spürten ihre Wärme, waren in ihren Gedanken. Nach einigen Minuten fragte Bryan, wann Cole los müsse und Cole sah auf die Uhr seines Handys. "Wir haben noch fast eine Stunde, sollten aber bald los." Sagte er. "Tristan bringt mich sonst um, wenn er nicht bald Geld für neue Kippen bekommt ." Sagte er grinsend. Ja, er log Bryan an. Doch dabei hatte er nicht wirklich ein schlechtes Gewissen. Seine Gefühle schienen sich zu entwickeln, das ist wahr und das merkte er selbst, doch kannte er Bryan noch zu wenig, um dieses Geheimnis mit ihm zu teilen. Ganz zu Schweigen von den Gefahren, die für ihn damit einhergehen würden.
Einige weitere Minuten redeten sie, tranken die XXL Cola aus, falteten dann die Decke zusammen und schauten, ob sie schon Sterne am Himmel entdeckten. Tatsächlich waren bereits einzelne Sterne zu sehen und der Mond schien sichelförmig hinter den Bäumen. So langsam machten sie sich dann auf den Rückweg. Cole wurde zunehmend nervöser, da man bei neuen Kunden ja nie wusste, wie diese sich verhalten würden. Doch er hatte auch ein Messer mit, einfach zur Selbstverteidigung und für den Notfall. Andernfalls würde er dieses natürlich nicht benutzen. Doch durch eine Jungsgruppe, von welcher er eine Narbe an seinem Bein trägt, hatte er gelernt, immer auch eine Waffel als Selbstverteidigung mitzunehmen. Manchmal reichten seine Fäuste eben nicht aus. Auch, wenn er mit diesen schon recht weit kam. Sie liefen nebeneinander die Lichtung entlang, Richtung Bryan's Zuhause. Der Abend war wirklich unglaublich schön gewesen, auch wenn Cole sich immernoch die Frage stellte, was die beiden denn nun waren. Outen würde er sich noch nicht, daran dachte er zwar, doch verwarf diese Idee schnell wieder. Nein, das könnte er nicht. Es reichte ja auch, wenn Bryan es wusste. Er würde nichts sagen, da war sich Cole ziemlich sicher. Bei diesem Gedankengang sahen er zu Bryan und lächelte leicht.
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Dass der Abend schon vorbei war, fand Bryan wirklich schade. Er wäre wirklich gerne noch länger mit Cole geblieben, doch ließ es sich nun mal nicht ändern. Als der Andere meinte, dass Tristan ihn umbringen würde, wenn er nicht bald Geld für neue Kippen bekäme, rümpfte Bryan etwas die Nase: "Dann soll er mit dem rauchen aufhören. Ist sowieso eine total beschissene Angewohnheit." Gab er zurück, grinste dabei jedoch etwas. Er konnte sich an eine Zeit erinnern, wo sein Bruder sich auch im Rauchen versucht hatte, weshalb es in seinem Zimmer dauernd nach Zigarettenqualm roch, was echt ekelhaft war. Dieser hatte es dann aber auch gelassen, weil er es im Endeffekt eigentlich ekelig fand, aber dahingehend versucht hatte, ein Mitläufer zu sein. Seitdem konnte Bryan es nicht haben, wenn es zu stark nach Zigarettenqualm roch. Bei Cole ging es zumindest noch, doch hatte dieser bisher auch nie direkt in Bryans Gegenwart geraucht und er stank nicht so extrem danach, wie manch andere, wo man halb umkippte, wenn sie in der Nähe waren.
Nachdem die beiden noch die XXL Cola geleert hatten, räumten sie so langsam zusammen. Bryan nahm die Tüte vom Essen, in welche sie den Müll getan hatten, um diesen mitzunehmen. Sich locker unterhaltend liefen die beiden nebeneinander her. Man sah Bryan deutlich an, dass ihm die Zeit gefallen hatte und er glücklich war. Ja, er war wirklich glücklich und das konnte und wollte er auch gar nicht verbergen. Wieso auch? Am liebsten würde er es auch mit jemandem teilen, doch durfte er das nicht. Wie gerne würde er seinem Bruder davon erzählen? Er erzählte ihm alles, umgekehrt genauso. Sicherlich hatte sein Bruder das eine oder andere, was er Bryan nicht erzählte. Immerhin war er ein Stückchen älter und es gab nun mal Dinge, die man seinen jüngeren Geschwistern nicht unbedingt erzählte. Doch grundsätzlich teilten sie eigentlich so ziemlich alles miteinander. Ob es Cole stören würde, wenn er mit ihm darüber reden würde?
Nachdenklich lief er weiter neben Cole her, während er nach vorne schaute. "Cole? Darf ich zumindest mit meinem Bruder darüber... also.. über uns... reden?" Fragte er zögernd und vorsichtig, sich darauf gefasst machend, dass der Andere sauer werden könnte. Vergessen war dessen Ausraster nicht, weshalb Bryan schon irgendwie damit rechnete, dass er ausrasten könnte. Er wollte jedoch einfach mal fragen, denn vielleicht dürfte er zumindest mit seinem großen Bruder darüber reden? Das würde ihm zumindest ein bisschen die Last der Geheimniskrämerei von den Schultern nehmen. -
Sie waren bereits vom Waldesweg abgekommen und befanden sich nun am Waldesrand, auf dem Weg in die Stadt zu Bryan's Haus. Cole hatte die Decke unter den Arm geklemmt und dachte gerade darüber nach, während er zu Bryan sah, wie schön diese Zweisamkeit war und das er definitiv noch Zeit bräuchte, sich zu outen. Wenn er das überhaupt tun würde. Wer sagte denn eigentlich, dass man das machen müsse? Er wusste ja nicht einmal, was Bryan und er für eine Art Beziehung hatten. Das brauchte er jedoch auch noch nicht zu wissen, er wollte es gar nicht wissen. Nur nicht zu viel darüber nachdenken.
Dieser Plan scheiterte jedoch, als der Kleinere ihm eine Frage stellte, nämlich ob er seinem Bruder davon erzählen könnte. Abrupt blieb Cole stehen und spannte sich an. Allein der Gedanke daran gefiel ihm überhaupt nicht. Der Fakt, dass jemand etwas so privates und für ihn noch unbekanntes über ihn wissen würde, störte ihn extrem. Er zog die Augenbrauen zusammen, sein Lächeln war verschwunden. Wieso sollte Bryan so etwas vorschlagen? Sie hatten doch auch eine schöne Zeit, ohne dass jemand davon wusste. Musste man jedem immer alles erzählen? "Wieso?" Fragte er, sichtlich nicht sehr angetan von Bryan's Frage. Seine Stimmung schien zu kippen, das ging bei Cole recht schnell. Insbesondere bei einer für ihn so sensibler Thematik. Er kannte seinen Bruder doch gar nicht!
Er versuchte, sich nicht in diese simple Frage hineinzusteigern. Caleb hatte er es ja schließlich auch erzählt, doch das war ja was komplett anderes! Caleb konnte er vertrauen. Von allen Menschen auf dieser verkorksten Erde konnte er Caleb am Allermeisten vertrauen. Und nichtmal der wusste alles über Cole. Cole hatte es ihm ja auch nur erzählt, weil er nicht wirklich mit seinen Gefühlen klar kam. Es schien sich gebessert zu haben, das stimmte, doch trotzdem war Cole noch nicht komplett mit der Sache im Reinen. Es war ungewohnt. Wieso fragte Bryan denn sowas?! Er schüttelte langsam den Kopf, teilweise als Antwort, teilweise aus Unglauben, dass Bryan wirklich diese Frage gestellt hatte. Wieso sollten sie etwas an der jetzigen Situation ändern? Sie kannten sich gerade einmal eine Woche. Das ging zu schnell. Viel zu schnell. Er wusste ja nicht einmal, was genau sich da zwischen den beiden entwickelte.
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Als Cole so abrupt stehen blieb, blieb auch Bryan stehen, welcher zu ihm schaute. Er sah den entsetzten Gesichtsausdruck des Anderen und ihm war sofort klar, dass er das lieber nicht hätte fragen sollen. Doch was sollte er machen? Er brauchte doch auch irgendwen zum reden... Cole konnte bei Fragen zu ihm kommen, doch mit wem sollte Bryan reden? Er konnte schlecht Cole um Rat fragen, wenn es um ihn selbst ging und vor allem gab es bei Bryan auch einfach noch ganz andere Dinge, die da mit bei spielten, über welche er mit irgendwem reden musste.
"Weil ich ihm vertraue und ich auch jemanden zum reden brauche." Kam deshalb auch etwas leiser, aber ernst von ihm. "Außerdem ist er ein Außenstehender, der dich nicht kennt und niemandem irgendwas verraten könnte, was er sowieso nicht tun würde." Fügte er noch hinzu. Er kannte seinen Bruder und wusste ganz genau, dass dieser niemandem etwas erzählen würde, davon abgesehen, dass er sowieso in einer anderen Stadt war und weder Cole, noch dessen Familie, Freunde oder andere Klassenkameraden der beiden kannte. Es gab also eigentlich keinen Grund, sich Sorgen über sowas zu machen. Bryan wollte einfach nur nicht alleine mit alle dem herum laufen, ohne sich von irgendwem Rat holen zu können, ohne seine Gefühle mit jemandem teilen zu können. Sein Bruder war ihm, neben seinen Eltern, der wichtigste Mensch und er vertraute ihm voll und ganz.
Man sah Bryan deutlich an, dass ihm das wichtig war. Er hatte doch auch ein Recht darauf, mit jemandem zu reden, oder nicht? Cole könnte schließlich auch mit seinem Bruder, seiner Mutter oder seinen Freunden darüber sprechen, wenn er das wollte. Bryan fände es, zumindest bei Tristan, auch nicht sonderlich lustig, doch könnte er es durchaus verstehen. Er schaute Cole nahezu flehend an. Es ging doch nur um seinen Bruder, nicht um die halbe Welt! Sein Bruder könnte Cole doch gar nichts! -
Cole beobachtete Bryan bei seinem Versuch, sich zu erklären. Doch jegliche Argumentation war ihm egal, in der Hinsicht war er wirklich egoistisch. "Dein Bruder.." fing er an und Gong auf Bryan zu, mit ernster Miene, versteifen Schultern, angespannten Armen und zusammengezogenen Augenbrauen. "Dein Bruder kommt doch hier irgendwann einmal besuchen. Dann interagiert er mit dir, deiner Familie. Du zeigst ihm vielleicht ein wenig die Stadt und unbekümmert redet ihr über mich. Über uns." Sagte er ernst, seine Stimme war tief und man merkte, wie er versuchte, diese ruhig zu halten, obwohl er ein wenig lauter sprach, als noch vor wenigen Minuten. "An euch geht jemand aus der Schule vorbei und hört das. Vielleicht sogar jemand aus unserer Klasse. Was denkst du, würde dann passieren?" Fragte er ihn provokant, sichtlich gereizt. Er hatte sich vor Bryan aufgestellt, als wäre er in Angriffs- oder Verteidigungsposition. "Oder er redet mit deinen Eltern darüber. Weil er es komisch findet, oder sich für dich freut. Das spielt keine Rolle. Und deine Eltern wollen wissen, wer ich bin. Dann sprechen sie mir Klassenkameraden, erreichen mich und meine Eltern." So dachte Cole und er versuchte, diesen Gedankengang Bryan zu erklären. Ja, es war weit hergeholt. Doch alles war möglich. "Zumal kenne ich ihn nicht. Du vertraust ihm. Ich nicht." Zischte er schon fast, sein Ton war eiskalt. Dann seufzte er, als er seinen eigenen Tonfall bemerkte und fuhr sich angespannt mit der flachen Hand durch sein Gesicht. Er atmete tief durch und zückte eine Zigarette us seiner Schachtel in seiner Tasche. Diese zündete er an. Er entfernte sich einen Schritt von Bryan, legte den Kopf in den Nacken als er von seiner Zigarette zog. Den Rauch pustete er in den Abendhimmel, welcher sich auf dem Rückweg nochmal verdunkelt hatte. Wieso konnte Bryan nicht sehen, dass Cole zu so etwas noch nicht bereit war?!
Einige Momente vergangen, Cole war immernoch angespannt. "Vielleicht..." Fing er an, doch brachte seinen Satz nicht zuende. Er müsste erstmal seine Gedanken ordnen. Doch vielleicht könnte Bryan es seinem Bruder erzählen, wenn er Coles Namen nicht verraten würde. Dann könnten diese Szenarien, welche sich in seinem Kopf bereits gebildet hatten, auch nicht so eintreffen, oder? Wäre das eine Lösung? Cole wusste es nicht, man sah ihm an, wie er darüber nachdachte.
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Bryan spannte sich automatisch an, als Cole so wütend wurde und bedrohlich auf ihn zukam. Er wollte nicht wieder das Opfer sein... nicht wieder derjenige sein, der sich ständig fertigmachen ließ und nichts dagegen tat... Doch was sollte er tun? Wie sollte er sich denn gegen Cole wehren können? Dieser Moment hielt ihm wieder deutlich vor Augen, dass Cole im Grunde eine tickende Zeitbombe war. Dass dieser jederzeit explodieren konnte und Bryan könnte derjenige sein, der alles abbekam und darunter leiden würde. Das wollte er nicht... er wollte nicht derjenige sein, der alles abbekam, der vielleicht verprügelt wurde. Ja, es brachte ihn ernsthaft dazu, darüber nachzudenken, ob das mit ihnen überhaupt funktionieren könnte, wenn Cole solche Ausraster öfter hatte. Gerade schien Cole sich noch im Zaum zu halten, doch würde er das immer können? Bryan hatte keine Ahnung, doch gerade war er wieder völlig hin- und hergerissen.
Er biss die Zähne zusammen, ballte seine Hände zu Fäusten, wodurch er den Griff der Plastiktüte fest umklammerte. Er atmete kurz tief durch, schloss einen Moment die Augen. "Vielleicht..." Kam nun von seiner Seite aus. "Vielleicht... wäre es besser... wenn wir es einfach lassen würde..." Sein Satz wurde zum Ende hin immer leiser. Ja, er wollte für Cole da sein. Und er wollte ihm nahe sein, ihn küssen, sich an ihn schmiegen. Doch gerade... gerade hatte er nur im Kopf, dass er nicht wieder dieses Opfer werden wollte, welches sich ständig einschüchtern ließ und nach der Pfeife anderer tanzte. Er konnte vollkommen verstehen, dass Cole noch nicht wollte, dass in der Schule jemand davon wusste. Doch was er sich da zusammenspann... was dachte er denn bitte, was Bryans Bruder für ein Mensch war? Oder gar seine Eltern? Weshalb sollten sie denn bitte in die Schule kommen und Mitschüler nach ihm fragen, wenn sie Bryan doch auch einfach direkt fragen könnten? Zumal sie sowas sowieso niemals tun würden, genauso wenig würde sein Bruder ihnen einfach etwas erzählen und sie wären ganz sicher auch nicht so leichtsinnig, in der Öffentlichkeit über solche Dinge zu reden.
"Du solltest zu Tristan gehen... ich geh nach Hause..." Kam noch leise von ihm, ehe er sich zum weitergehen umwandte. Nein, er würde das ganz sicher nicht mitmachen... er würde nicht wieder in der Ecke kriechen, sich alles schwerer machen, als es ohnehin schon war... Bryan wollte endlich leben und sich das nicht kaputt machen. Ein kleines Versteckspiel, bis Cole bereit dazu war, es seiner Familie und seinen Freunden zu sagen, wäre okay. Das würde Bryan problemlos mitmachen, da er es verstehen konnte. Doch musste Cole auch verstehen, dass auch Bryan jemanden zum reden brauchte. Eine Vertrauensperson, der er offen alles erzählen konnte, was ihm auf dem Herzen lag. -
Cole dachte nach, brauchte kurz einen Moment Zeit, um seine Gedanken in einen Reihe zu bekommen. Das fiel ihm jedes Mal schwer, wenn ein Thema aufkam, was ihn belastete. Sehr viele solche Themen gab es nicht. Er hatte sich nicht grundlos eine 'ist mir egal'- Stimmung angewöhnt. Doch dieses Gefühlschaos war eines der Themen. Genauso wie seine krummen Geschäfte, sein eigener, unregelmäßiger Drogenkonsum und wenn jemand etwas gegen seine Freunde oder Familie sagte. Es fiel ihm schwer, dabei ruhig zu bleiben. Wieso wusste er selbst nicht. Er war noch nicht so weit. So einfach war das. Was verstand Bryan daran nicht? Was wäre so schlimm, es noch einige Wochen oder Monate für dich zu behalten? Vielleicht hatte er sich in Bryan getäuscht. Vielleicht war dieser gar nicht so verständnisvoll, wie er es anfangs sagte. Vielleicht war Bryan auch nur jemand, der selbstsüchtig handelte und Cole in eine Rolle drängen wollte, für die dieser noch gar nicht bereit war. Doch könnte das wirklich so sein?
Cole ließ Bryan ein paar Schritte gehen, er stand an Ort und Stelle wie gehabt und rührte sich nicht vom Fleck. Seine Zigarette rauchte er auf. "Scheiße.." murmelte er vor sich hin. War dieses Thema es wirklich Wert, sich darüber so zu streiten? Sollte er Bryan wirklich gehen lassen, nachdem dieser doch für ihn da gewesen war, als er ihn gebraucht hatte? Langsam lief er Bryan hinterher und sah ihn in etwas Entfernung. Seine Gedanken kreisten einige Minuten lang. Bryan war geblieben, als er so Ausgerastet ist. Bryan hatte Verständnis gezeigt. Und was tat Cole gerade? "Hab ich ja wieder toll hinbekommen..mich wie nen riesen Arschloch benehmen.." murmelte er, angepisst auf sich selbst hin. Er sah auf sein Handy. Es war 21:40 Uhr. Er müsste sich beeilen, wenn er das mit Bryan klären wollte. Vielleicht gäbe es ja doch den Kompromiss, welcher ihm durch den Kopf schwebte. Andernfalls wüsste Cole auch nicht weiter. Bryan musste ihn verstehen. Doch er auch Bryan, das wurde ihm klar.
"Scheiße man Bryan warte!" Rief er ihm hinterher, als er zu joggen anfing, um den Anderen einzuholen, welcher schon einen beachtlichen Vorsprung gemacht hatte und bereits die Straße hinunter gelaufen war. Er verschnellerte sein Rennen und holte Bryan ein, welchen er am Handgelenk festhielt. "Warte. Hör mir kurz zu bitte." Sagte er und sah ihn an, ein wenig Schmerz lag in seinen Augen. Verwirrung, Unsicherheit, all diese Sachen waren zu sehen, auch noch ein kleinen Funken von Wut. Auf wen und warum war unklar, doch Cole wollte es aus der Welt schaffen. Zumindest wollte er Bryan den Vorschlag machen, dass er einfach seinen Namen nicht sagen würde und nicht im Detail beschreiben müsste, wie Cole aussah. Er zog Bryan ein wenig zur Seite, genau 3 Schritte an eine abgelegene Gasse direkt links von ihnen. So würde sie niemand sehen oder hören. "Du kannst es machen, okay? Aber..sag meinen Namen nicht." Sagte er. So viel könnte er doch wenigstens verlangen, oder? Das lag wohl jetzt an Bryan. Doch Bryan war ihm wichtig. So wichtig, dass er merkte, dass ein solch dummer Streit es wirklich nicht Wert war. Er sah ihm tief in die Augen. Es wäre ein Kompromiss für ihn. Er wusste nicht wieso er das tat. Wieso suchte er überhaupt einen Kompromiss? Cole wusste ja nichteinmal, was die beiden genau waren und ob es halten würde. Wäre es seine Zeit Wert? Doch das war egal. Er hatte die letzten Tage unglaublich genossen und eine Gefühlsachterbahn hinter sich gebracht. Da würde ihm das jetzt auch nicht aufhalten, noch weitere schöne Momente mit Bryan zu sammeln, selbst, wenn es nicht für die Ewigkeit bestimmt war. Doch er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sich Bryan wegen ihm allein fühlte oder nicht verstanden. Schließlich war er auch für ihn da gewesen und hatte Verständnis bei seinem Ausrater gezeigt. Dieser Fakt änderte alles. Er war der Grund, wieso Cole sich überhaupt die Mühe gab.
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Bryan empfand es als wahnsinnig unfair, dass er nur Verständnis für Coles Situation haben sollte, während er selbst auf der Strecke blieb. Er hatte sich Cole offenbart, ihm erzählt, dass er gemobbt wurde, keine Freunde hatte und auch noch nie mit jemandem zusammen war. Dass er der Erste war, welchen er richtig küsste. Sollte es da nicht selbstverständlich sein, dass er auch gerne jemanden zum reden hätte? Jemanden, der ihm mit Rat und Tat zur Seite stand. Der ihn auffangen konnte, wenn es doch nicht funktionierte, der ihm sagte, dass es schon werden würde, sollten sie sich streiten. Es gab so vieles, wo nur eine vertraute Person helfen konnte. Von dem Aspekt abgesehen, dass Bryan seine Freude und sein Glück auch einfach mit irgendwem teilen wollte. Er hatte doch immer nur seinen Bruder, welcher ihn immer unterstützt hatte, mit dem er täglich Kontakt hatte, weil sie einander so nahe standen. Er hatte doch nicht verlangt, seinen Eltern, den online Freunden oder gar Mitschülern etwas erzählen zu dürfen, sondern lediglich seinem Bruder.
Er lief den Weg weiter, die Gedanken kreisend. Sicher war es das Beste... Cole musste erstmal mit sich selbst klar kommen... mit sich selbst ins Reine kommen, bevor er wirklich eine Beziehung eingehen konnte... oder? Bryan hatte keine Ahnung. Er wusste nicht mehr, was er denken sollte. Es war einfach zu viel.
Hatte er richtig entschieden? War es wirklich das Beste, wenn sie es einfach lassen würden? Er wusste es nicht und der Gedanke, es wirklich zu lassen, zerriss ihm das Herz. Er wollte das mit Cole doch eigentlich gar nicht beenden, bevor es richtig angefangen hatte! Doch hatte das überhaupt eine Zukunft, wenn es schon an so einer Kleinigkeit scheiterte?
Bryan hörte Coles Worte und im ersten Moment schrie sein Hirn 'Bleib stehen, verdammt!', doch er tat es nicht. Er lief weiter, wollte nur noch nach Hause gehen, sich in sein Bett schmeißen und die Welt dafür verfluchen, dass er war, wie er war. Dass er nicht einfach mal ein ruhiges Leben führen konnte. Ihm war bewusst, dass gerade Jugendliche viel Drama in ihrem Leben hatten, doch so viel? Und solche Dinge? Er hatte keine Ahnung... was er wusste war, dass er gerade wieder das Gefühl hatte, zu zerbrechen und irgendwann würde man die Scherben nicht mehr zusammenkleben können...
Als er eine Hand an seinem Handgelenk spürte, zuckte er leicht zusammen. Er schaute Cole an, hörte seine Worte und im nächsten Moment fand er sich in einer Gasse wieder. Wieso war er ihm hinterher gelaufen? Wieso konnte er es nicht einfach dabei belassen? Hatte er etwa doch so viel für ihn übrig, dass auch er nicht wollte, dass es zu Ende ging, bevor es wirklich angefangen hatte? - Erneut schwirrten ihm so viele Fragen durch den Kopf, auf welche er selbst keine Antworten hatte.
Er schaute in Coles Augen und hörte seine Worte. War er wirklich bereit, diesen Kompromiss einzugehen? Für Bryan? "Okay..." Nickte der Jüngere leicht. Für ihn war es keine Frage, er ging den Kompromiss kommentarlos ein. Er wollte Cole weiterhin bei sich haben und wenn er so zumindest mit seinem Bruder reden durfte, wäre das für ihn okay.
Dennoch merkte man ihm an, dass ihn die Situation nicht kalt gelassen hatte. Er war einfach niemand, dem sowas egal war. Er war einfach ein Gefühlsmensch, was nicht immer gut war, denn so konnte man auch schneller verletzt werden. -
Cole atmete tief durch. Er hielt weiterhin die Hand von Bryan. Die beiden standen in der Seitengasse, Cole an einer kalten, steinigen und heruntergekommenen Hauswand. Er hoffte inständig, dass Bryan den Kompromiss eingehen würde. Sein Herz pumpte, vom Rennen und von der Aufregung. Er wollte Bryan nicht verlieren, nicht nach erst einer Woche und ohne es probiert zu haben. Nicht, wegen einer kleinen, dummen Meinungsverschiedenheit. Als Bryan seine kurze Antwort gab, sah er ihn kurz einfach nur an. Ein okay? War das positiv? Oder negativ? Mit anderen Mädchen, mit welchem er bereits in Beziehungen oder beziehungsähnlichen Verhältnissen stand, hatte er nie Kompromisse vorgegeben oder mit ihnen in der Art und Weise kommuniziert. Und jetzt kam nur ein Okay? Cole wusste nicht wirklich, was das zu bedeuten hatte. Doch es schien, als würde Bryan sich mit diesem Kompromiss zufrieden zu geben. Cole war erleichtert und strich dem Anderen sanft durch die Haare. Es würde wahrscheinlich schwierig werden, dachte er sich. Doch wie langweilig wäre das Leben ohne Schwierigkeiten? Scheiße Langweilig. Cole wollte dieses Risiko eingehen. Sie waren doch noch jung. Und Cole war bereit, seinen Leben einen kleinen Kick zu geben. Außerdem wollte er Bryan nicht gehen lassen. Nicht einfach so. "Okay.." sagte Cole leise und zog Bryan zu sich. Einen Kuss konnte er ihm nicht unterschlagen. Und sich selbst auch nicht. Er legte die Hände an seine Hüften und küsste ihn, sanft aber kurz. Das müsste sein, denn er wollte den Tag nicht so abschließen. Denn dann läuteten die Glocken. Es war 22 Uhr. Ihr Kuss wurde vom Glockenschlag unterbrochen und Cole löste sich schnell. Er hatte schließlich einen Termin. "Shit, Ich muss los." Einen weiteren, schnellen Kuss gab er ihm auf die Lippen und sah etwas entschuldigend zu ihm. So schnell wie die Küsse, so schnell löste sich Cole auch wieder und wank ihm kurz zum Abschied. Zum Park würde er wenigstens 5 Minuten brauchen, wenn er rannte.
Kurz checkte er in seiner inneren Jackentasche, ob die Pillen noch da waren. Das waren sie und er joggte los, ohne nocheinmal zurückzuschauen. Das kuriose war, dass er in die entgegengesetzte Richtung rannte, in der Tristan eigentlich wohnte. Eigentlich wollte er extra dort entlang laufen, damit Bryan kein Verdacht schöpfte, doch es blieb ihm keine Zeit. Er brauchte wirklich geschlagene 5 Minuten, bis er beim Park ankam. Es war zwar nur ein Mini Park, mit gerade einmal 3 Bänken und einer großen Rasenfläche, sowie einem Springbrunnen und einem angrenzenden Spielplatz. Cole kam an, ziemlich aus der Puste. Es war nichts los auf den Straßen, alle waren um diese Zeit in ihren Häusern. Er sah nur einen jungen Herrn, der um diese Zeit mit seinem Hund spazieren ging. Am Park angekommen sah er sich kurz um, entdeckte dann aber seinen neuen Kunden. Es war ein junger Mann, schätzungsweise 28 Jahre alt. Er warr schlaksiger als Cole und sah aus, als würde er auch noch anderes Zeug konsumieren. Cole dachte direkt daran, dass er sich vielleicht Zeit spritzen würde. Doch von ihm wollte er ja nur Pillen. Spritzen tat sich Cole nie. Das war eine einmalige Sache gewesen und dann nie wieder. Es schüttelte ihn bei dem Gedanken. "Sorry für die Verspätung. Bist du hier für unser Geschäft?" Fragte er, als er auf den noch unbekannten Typen zuging. Er kannte zwar seinen Namen nicht, doch wollte er diesen auch gar nicht kennen. Er war hier rein fürs Geschäft.
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Bryan konnte und wollte gerade nicht mehr als ein 'Okay' von sich geben. All die Emotionen, in der kurzen Zeit, hatten ihn total aufgewühlt, weshalb er das erstmal verarbeiten musste. Genau das war einer der Gründe, weshalb er gerne mit jemandem darüber reden würde. Damit er solche Dinge auch verarbeiten konnte und Ratschläge bekam.. damit ihm einfach jemand zuhörte. Dass Cole ihm nun diesen Kompromiss anbot, bedeutete ihm viel, denn es zeigte, dass er Cole nicht egal sein konnte. Wäre er ihm egal, würde dieser ihm definitiv nicht diesen Kompromiss vorschlagen.
Als der Ältere ihn plötzlich an sich zog, war Bryan ziemlich überrumpelt. Immerhin befanden sie sich in der Öffentlichkeit, wenn auch in einer Seitengasse, weshalb Bryan niemals damit gerechnet hätte, dass Cole ihn dort an sich ziehen und küssen könnte. Er erwiderte den Kuss jedoch umgehend und legte seine Arme um den Körper des Älteren. So überraschend, wie der Kuss kam, so überraschend endete er auch. Wie Cinderella verschwand Cole, nur zwei Stunden früher, als im Märchen, nachdem er Bryan nochmal einen kurzen Kuss auf die Lippen gedrückt und ihm gewunken hatte. Etwas verpeilt stand Bryan noch einen kleinen Moment in der Gasse, bevor er diese ebenfalls verließ und sich langsam auf den Heimweg machte. Während seine Gedanken kreisten, konnte er es sich nicht verkneifen, zwischendurch dennoch zu grinsen, bei den Erinnerungen und die Zeit auf der Lichtung. Es war wirklich schön und er hätte absolut nicht für möglich gehalten, dass Cole sowas mit ihm machen würde und das auch noch einen Tag, nachdem er noch so ausgerastet war.
Lange brauchte er nicht, bis er zuhause ankam, wo er den Müll entsorgte, die Katzen versorgte und hinauf ging. Sein Rucksack landete in der Ecke und er schmiss sich auf sein Sofa. Dass Cole in die falsche Richtung gelaufen war, hatte Bryan nicht bemerkt. Er wusste schließlich nicht, wo Tristan eigentlich wohnte, weshalb ihm das nicht wirklich komisch vorgekommen war. Alex hatte immerhin erst ihn nach Hause gebracht und meinte nur, dass das nur ein kleiner Umweg wäre. Viel sagte das also nicht aus, weshalb er sich darüber auch gar keine Gedanken machte.
(Nicht gelisteter Nebencharakter nur für diese Szene!)
Tyler stand bereits seit gut fünfzehn Minuten im Park herum. Er war extra etwas eher gekommen und da verspätete sich der Dealer! Sofern er denn überhaupt noch kommen würde. Es kotzte ihn an. Eigentlich war er kein sonderlich aggressiver Typ, doch die Tatsache, dass es ohnehin schon so lange gedauert hatte, bis der Typ sich mal zu einem Treffen meldete und dann auch noch die Frechheit besaß, zu spät zu kommen, oder vielleicht gar nicht mehr aufzutauchen, machte ihn sauer. Dafür würde der Kerl definitiv nicht das ganze Geld bekommen!
Leicht gereizt und nervös stand er relativ mittig im Park, an einer Bank, welche unter einem Baum stand. Dort konnte man sie nicht so gut sehen und somit konnte auch nicht so schnell jemand sehen, was sie trieben. Er schaute auf sein Handy, um die Uhrzeit zu checken. Ja, es waren erst fünf Minuten, doch war er schon davon ausgegangen, der Typ würde etwas eher kommen oder zumindest pünktlich.
Gerade steckte er sein Handy wieder weg, als ihn jemand von der Seite ansprach, weshalb er zu diesem schaute und ihn musterte. Der Typ war doch noch keine achtzehn, oder? Konnte Tyler eigentlich auch egal sein. Immerhin vertickte er nicht an ihn, sondern umgekehrt. "Richtig und ich warte hier schon seit einer Viertelstunde. Kann doch nicht so schwer sein, pünktlich zu kommen, oder?" Entgegnete er gereizt. Man merkte deutlich, dass er es nicht witzig fand und ihm ein lapidares 'Sorry' nicht reichte. "Dafür und dafür, dass es so Arsch lange gedauert hat, bekommst du nur die Hälfte." Entschied er dann auch schon, da er es nicht einsah, ihm so viel Kohle in die Flossen zu drücken, wenn der Kerl nicht mal pünktlich sein konnte. -
Cole kam an, sichtlich aus der Puste, und zündete sich ersteinmal eine Zigarette an. Diese nahm er aus seiner Recht neuen Schachtel und inhalierte tief. Er bemerkte schnell, dass sein älterer Kunde nicht gerade glücklich über seine Verspätung war. Dabei waren es doch nur 5 Minuten. "Hey Mann, es waren fünf Minuten. Dass du eher da warst, ist ja nicht mein Problem." Sagte er und musterte den, noch Unbekannten, mit einem ernsten Gesicht. Als der Andere meinte, Cole würde nur die Hälfte bekommen, verschränkte dieser die Arme. "Ich weiß ja nicht, wielange du schon im Geschäft bist, doch bei mir bist du neu und ich verhandle nicht über den Preis. Du wirst keine Preisreduzierung bekommen. Höchstens ein Sorry, mit dem Rest musst du leben." Sagte er und holte die Pillen aus seiner inneren Jackentasche, welche in eine Mini Plastikverpackung eingepackt waren. "Ich hab hier dein Zeug. Und so wie es scheint, bist du ziemlich abhängig von allem Möglichen scheiß." Stellte Cole fest, es war eine indirekte Beleidigung seines Anblickes. "Also wenn du die willst, dann bekomm ich den kompletten Preis. Ich bin hier nicht für umsonst." Sagte er, mit ernstem Unterton und schaute seinen Gegenüber ernst an. Er machte seinen Standpunkt klar und dass es keine Verhandlungsmöglichkeiten gab. Etwas spannte er sich an, um noch deutlicher seinen Standpunkt zu unterstreichen. Er würde nicht verhandeln, schließlich wollte der Andere etwas von ihm. Und er hätte die Pillen. Er hatte die Macht und die Entscheidungsfähigkeit. Noch war geduldig, doch das könnte sich ganz schnell ändern und dann könnte es ungemütlich werden. Cole war auf alles vorbereitet.
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"Ja, fünf Minuten jetzt! Was ist mit den letzten tage, wo du mich hast zappeln lassen? So bekommt man sicher keine neuen Kunden." Kam von Tyler zurück. Der Typ würde doch nicht verticken, wenn es das Geld nicht bräuchte. Da war es sicher nicht sinnvoll, wenn man mögliche Neukunden direkt verärgerte. Die weiteren Aussagen des Anderen, sorgten dafür, dass Tyler nur noch angepisster war. Mochte sein, dass er übertrieb, doch gerade war er einfach angefressen. Als der Andere ihn dann noch unterschwellig beleidigte, platzte ihm die Hutschnur. "Was gehts dich an, hä?" Kam nun lauter von ihm. Bisher hatte er noch recht neutral gesprochen. Etwas angefressen, ja, aber nicht laut oder wirklich böse.
Als der Jüngere dann dennoch den normalen Preis verlangte, konnte Tyler nicht mehr an sich halten und boxte ihm unüberlegt mitten ins Gesicht, mit all seiner Kraft. Er mochte vielleicht nicht der stärkste sein, doch so ein Hieb aufs Auge tat alle Mal weh. Im selben Moment realisierte er aber auch schon, was er getan hatte. Das war doch eigentlich gar nicht seine Art! "Ich... äh... sorry..." Stammelte er etwas von sich selbst geschockt. Machten das die Drogen mit ihm? Weil er gerade auf Entzug war? Er hatte keine Ahnung, doch ihm war direkt klar, dass das verdammt scheiße von ihm war. -
Cole zuckte mit den Schultern, sichtlich uninteressiert an dem Anderen seinem Leid. "Ein paar Tage mehr oder weniger machen doch auch nicht kaputt." Sagte er nur und grinste provokant. Direkt darauf bekam er einen Schlag ins Gesicht, das war wohl die Reaktion auf seine Sprüche. Er taumelte zwei Schritte nach hinten und hielt sich sein Auge, welches unter den Schmerzen pulsierte. Mann, das würde sicherlich blau werden. Kurz hielt er inne, sah dann aber wütend zu dem Anderen. "Ah du Arschloch!" Kam es wütend von Cole, welcher sichtlich angepisst war. Hatte ihn dieser Wichser ernsthaft geschlagen??? Cole ging auf ihn zu und packte ihn am Kragen. Er drückte ihn gegen eine nahegelegene Mauer, sein Auge schmerzte. "Hör mir zu, du Arschloch. Nur wegen 5 Minuten werd ich keinen Stress anfangen. Also hast du jetzt zwei Optionen. Du bezahlst mir heute hier gefälligst den vollen Preis, wenn du nicht willst, dass ich dich krankenhausreig schlage, verstanden? Und wenn du weiteren Ärger vermeiden willst, packst du noch ein paar Euro Trinkgeld mit drauf. Oder wir sehen uns im Krankenhaus wieder." Meinte Cole und zischte angepisst diese drohenden Worte. Er verstand nun kein Spaß mehr. Die Grenze war erreicht. Es läge nun an dem Anderen, um die nächsten Schritte zu bestimmen. Entweder er würde sein Geld bekommen und alle würden ihre Wege gehen oder er würde handgreiflich werden. Seine Geduldsspanne erreichte so langsam das Ende.
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Tyler konnte gar nicht so schnell schauen, wie er von dem Anderen am Kragen gepackt und gegen eine Mauer gedrückt wurde. Er hörte seine Drohung, welche eigentlich schon gar nicht mehr nötig wäre, da er ihm das Geld so oder so nun gegeben hätte. "Ist gut, ist gut! Komm runter!" Gab er von sich und fummelte sein Portemonnaie aus der Hosentasche, wo er den passenden betrag und noch zwanzig Euro extra raus holte und Cole dies dann in die Hand drückte. Er hatte wirklich keinen Bock im Krankenhaus zu landen. Er wusste selber nicht, was in ihn gefahren war, weshalb er ihn geboxt hatte. Normalerweise war er ein recht ruhiger Typ, war nicht handgreiflich, doch war er gerade einfach extrem gereizt, was sicherlich vor allem am Entzug lag, welcher ihn wahnsinnig machte. Dass er mal in eine Klinik sollte, war offensichtlich, doch wollte er sich das nicht wirklich eingestehen. "Hier, du hast dein Geld.. gib mir den Stoff und ich haue ab." Gab er noch von sich, da er nur noch seinen Stoff wollte und dann verschwinden würde. Zwar war er dennoch der Meinung, dass der Andere sich mal überlegen sollte, ob er seine möglichen Neukunden so behandeln wollte, doch hielt er lieber die Klappe. Ob er nochmal bei ihm kaufen würde, wusste er nicht. Allerdings würde er sowieso bald wieder abreisen.
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Cole drückte ihn weiterhin gehen die Mauer und grinste höhnisch, bevor er das Geld von ihm nahm. "Vielen Dank." Sagte er kühl und fies grinsend, sein Auge schmerzte. Der Schmerz breitete sich auf sein gesamtes Gesicht aus. Kurz beobachtete er den Anderen nur, bevor er ihm einen heftigen Schlag gegen die Schulter verpasste. Der Schlag war grob und kühl, doch grinste er. "Cool man, danke." Sagte er nur und war zufrieden mit seinem Geld. "Und jetzt tu mir einen Gefallen und verschwinde." Meinte er. Er ließ ihn los und gab ihm das Päckchen mit den Pillen. Er kehrte ihn den Rücken, un sich auf den Heimweg zu machen. Sein Auge würde er Zuhause kühlen, doch würde man es sicherlich noch sehen am morgigen Tag. Mist, dachte er, denn er müsste sich etwas einfallen lassen, damit man es morgen nicht mehr so sehen würde. Er atmete durch und zündete die nächste Zigarette an. Das war ein Erlebnis. Ob er ihn Wiedersehen würde? Vielleicht. Doch er hatte das Geld. 190€. Das war ein Anfang. Das Geld würde er bei seiner Mutter in das Portmonee packen, für die nächsten Mahlzeiten. Es würde sie wenigstens mehr als eine Woche über die Runden bringen. Er realisierte, dass er die Geschäfte wieder etwas ernster nehmen müsse, da er gerade etwas mehr an Drogen bei sich verstaut hatte. Würde er das alles los werden, würden sie bestimmt einige Wochen gut leben. Also schrieb er ein paar Kontakten, völlig berauscht von dem verdienten Geld, während er sich auf den Heimweg machte.
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Tyler zog scharf die Luft ein, als der Andere ihm gegen die Schulter boxte, da es weh tat. Er hielt sich diese anschließend auch, biss jedoch die Zähne zusammen und sagte nichts dazu. Als der Andere ihm das Päckchen in die Hand drückte, nahm er es und machte Kehrt, um zügig weg zu gehen.
Bryan hatte seinen Bruder an dem Abend nicht noch belästigt, doch würde er an nächsten Tag definitiv mit ihm reden, sofern er Zeit dafür hatte. Immerhin hatte sein Bruder im Studium einen recht vollen Plan, weshalb er nicht rund um die Uhr quatschen konnte und es wäre schließlich auch ein längeres Thema. Er hatte sich nur noch einen Film angeschaut und war anschließend schlafen gegangen.
Die Nacht hatte er dieses Mal zum Glück recht gut durchgeschlafen, war wie gewohnt am Morgen aufgestanden und hatte sich im Badezimmer fertig gemacht. Dort nahm er, während seiner Morgenroutine, auch immer seine Testosterontabletten, Abends war es dasselbe Spiel. So war es am leichtesten, da er es nicht vergessen konnte. Nachdem er im Bad fertig war, zog er sich frische Klamotten an und ging hinunter, wo er die Katzen versorgte, bevor er sich selbst etwas fertig machte. Es war einfach derselbe Ablauf wie immer, bevor er sich auf den Weg zur Schule machte.
Wie Cole wohl an diesem Tag drauf sein würde? In der Schule behandelten sie sich einfach wie Kumpels, was auch okay war, auch wenn Bryan ihn wirklich gerne auch dort küssen und ihm nahe sein würde. Natürlich kein ausgiebiges Küssen, sondern nur mal zwischendurch einen kurzen Kuss. Allerdings war er auch noch nicht bereit dafür, sich vor der Klasse und der Schule zu outen. Zu tief waren die Wunden noch, welche er durch seine ehemaligen Mitschüler davongetragen hatte. Er hatte jedoch Schiss davor, Cole könnte an diesem Tag anders sein. Dass er sich das alles doch nochmal hatte durch den Kopf gehen lassen und es jetzt doch nicht mehr wollte. Die Angst saß tief und es würde auch dauern, bis Bryan diese überwunden hatte. Er würde jeden Tag aufs neue Angst haben, dass Cole sich doch umentschied. -
Als Cole Zuhause ankam, zog er seine Schuhe aus und lief den schmalen Gang des Flures entlang, bis in das untere Badezimmer. Tatsächlich hatte das Haus zwei Badezimmer, ein großes im Obergeschoss mit Dusche und, Cole's Meinung nach, viel zu kleiner Badewanne, sowie auch Waschbecken und Toilette und Schränken. Dann gab es noch ein weiteres Badezimmer, welches mehr oder weniger nur als Gästetoilette und als Stauraum für die Wäsche diente, es war sozusagen auch gleichzeitig ein Waschraum. Doch nicht nur Wäsche wurde dort verstaut, nein, es gab auch ein Waschbecken mit aufklappbaren Spiegel, hinter welchem sich so manche Medikamente, sowie das Make-up von Cole's Mom verbargen. Diese schminke sich meist im Untergeschoss, wenn sie Termine hatte, aufgrund des alltäglichen Zeitmangels. Cole steuerte also das Bad im Untergeschoss an und machte sich einen Waschlappen mit kaltem Wasser vollgesogen, bereit. Diesen hielt er an sein Schmerzendes Auge und an seinen Wangenknochen, da es dort besonders weh tat. Kurz zog er scharf die Luft an und sah in den Spiegel. Scheiße, das würde ein großes, blaues Fleck werden. "Dieses Arschloch.." murmelte er, doch er kannte schlimmere Typen. Wenigstens hatte dieser ein kleines bisschen Reue gezeigt. Bereits am Park tat ihm ja sein Auge so weh, welches er auf dem Rückweg auch die ganze Zeit geschlossen gehalten hatte. Doch er musste dem Anderen zeigen, dass mit ihm nicht zu Spaßen wäre. Wenn Cole eins gelernt hat, dann wäre das: Niemals in Geschäften Schwäche zeigen. Generell tat er das nicht oft, das passte nicht wirklich zu ihm, zumindest glaubte er das. Er durchwühlte den Schrank und fand das Make-up seiner Mutter. Kurz sah er sich die Schachteln an. Er hatte absolut keine Ahnung von Make-up! Verzweifelt las er die Beschreibungen. Morgen würde er versuchen, den blauen Fleck ein wenig zu kaschieren.
So geschah es auch. Cole ging zu Bett, nachdem er duschen war, und schlief tief und fest. Es war eine ruhige Nacht, die Schmerzen ließen nach. Das Fleck war am frühen Morgen vor dem Spiegel jedoch noch mehr sichtbar, es wurde schon fast lila und die blauen Stellen breiteten sich aus, zumindest kam es Cole größer vor, als am Abend. Er versuchte sein blaues Auge zu kaschieren, doch dies scheiterte kläglich. Er sah aus, als hätte er mit der einen Hälfte seines Gesichtes zu lange in der Sonne gelegen. Zu seinem Pech schwierigen ihm auch die ganze Zeit seine kleinen Brüder hinterher. "Mooom die Jungs müssen zur Schule!" Rief Cole. Heute konnte er das bestimmt nicht machen. Er hörte nur, wie seine Mutter mit Franny auf dem Arm die Treppe hinunter kam und die beiden Jungs für die Schule herausputzte. Anscheinend war ein Fotograf heute dort anwesend für Klassenfotos, weshalb sie sich so schick wie möglich anziehen sollten. Cole schloss die Tür zu dem Badezimmer und wusch sich die Schminke von seinem Gesicht. Dann entdeckte er eine kleine Tube und trug etwas davon auf seine Gesichtshälfte auf. Es brachte nicht viel, doch immerhin etwas. Und so sah er wenigstens nicht aus, als wäre er mit einer Seite zu lange in der Sonne gewesen. Man sah das Fleck immernoch, doch nicht so groß und nicht so dunkel. Damit müsste er sich zufrieden geben, denn er war wieder mal spät dran. Schnell zog er sich an, die Sonne schien wieder und es wurde zunehmend wärmer, weshalb er nur seine Lederjacke über sein weißes T-Shirt zog und mit seiner lockeren, grauen Jeans auf seinen Skateboard zur Schule fuhr. Dabei rauchte er seine morgendliche Zigarette und trank einen Schluck Wasser. Sein Rucksack hing lässig über einer Schulter. Er legte einen Zahn zu, kam jedoch trotzdem ein paar Minuten zu spät zum Unterricht. Zu seinem Glück war der Lehrer noch nicht da, also eilte er zu seinem Platz. Das heißt, er lief schnellen Schrittes. Die Eile wollte er sich nicht anmerken lassen. Als er auf seinem Platz saß, nickte er kurz Tristan ein 'hallo' zu und stützte sich mit einer Hand auf seine, etwas angeschwollene und nach wie vor leicht blaue, Seite. So würde es bestimmt nicht so auffallen, oder?
Er sah zu Bryan hinüber, als nur eine Minute nach ihm der Lehrer den Raum betrat und sich für seine Verspätung entschuldigte. Diese ist wohl durch ein Lehrergespräch über eine Schülerin entstanden. Als Cole Bryan ansah, fiel ihm erneut der letzte Abend ein. Er sah diesen mit gemischten Gefühlen entgegen, doch war er froh, dass die Meinungsverschiedenheit geklärt wurde. Ein kleines Lächeln schlich sich über seine Lippen, bevor er wieder weg schaute. Schließlich wollte er ihn nicht zu auffällig Anstarren. So ging der Unterricht herum, doch Cole schaffte es nicht immer, sein Fleck zu überdecken. Insbesondere in den Pausen, wo er sich ja schlecht darauf abstützen könne, nicht. Doch dagegen konnte er nichts tun. Sollten die anderen doch wieder reden, das war ihm egal. Nur bei einer Person nicht, da er diese Person angelogen hatte. Diese eine Person, die sein blaues Fleck eigentlich echt nicht sehen sollte. Diese eine Person, an die er ständig denken musste.
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