Praestigiae Furentes - Bleibst du, oder verschwindest du?

  • "Praestigiae Furentes – Die Bande der Rasenden Magie"

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    !!! TRIGGER !!!
    FSK18+, Blut, Tod, Obsession, Diebstahl, Trickbetrüger, Trauma, Alkoholkonsum, Drogenkonsum/ -missbrauch, körperliche-, seelische- und/oder sexualisierte Gewalt, Beleidigungen etc

    ECKPUNKTE:
    » RPG Art: 2er Play
    » Zeit: 2013 | 2025
    » Ort: Los Angeles, USA | Lissabon, Portugal | Around the World
    » Schreibstil: 3. Person | Präteritum
    » Genre: Romance, Heist, Action, Drama
    » Sonstiges: angelehnt an 'Die Unfassbaren', 'Money Heist', 'Money Heist - Berlin'; eigene Story ; eigene Charaktere
    Teilnehmer: Inari  Leander

    Praestigiae Furentes

    Setting: "Praestigiae Furentes – Die Bande der Rasenden Magie"

    Es ist das Jahr 2013. In den versteckten Schatten der Welt existiert eine Bande, die unter den Übernatürlichen und den Mächtigen als Legende bekannt ist: Praestigiae Furentes. Ihr Name bedeutet so viel wie „die rasenden Magier“ – ein Name, der die wilde, unbändige Natur ihrer Raubzüge und magischen Kräfte widerspiegelt. Sie sind keine gewöhnliche Bande von Dieben oder Verbrechern, sondern eine Gruppe von einzigartigen, übernatürlichen Wesen, die das Gleichgewicht der Welt selbst herausfordern. Ihre Taten sind so geschickt und so verführerisch, dass sie das Spiel von Magie und Macht auf ein neues Niveau heben.

    Ihr Anführer, Andrés de la Fuente, ist ein Mann von unbestreitbarer Präsenz. Mit seinem markanten, leicht verwitterten Gesicht und den durchdringenden, tiefbraunen Augen, die die Schärfe und Entschlossenheit eines Mannes ausstrahlen, hat er die Fähigkeit, mit nur einem Blick die verborgensten Geheimnisse anderer zu ergründen. Andrés, dessen Erscheinung an den charismatischen Mann aus einer längst vergangenen Ära erinnert, kombiniert rauen Charme mit einer gefährlichen Aura. Seine dunkelbraune, leicht graue Mähne und der gepflegte, dunkle Bart verleihen ihm das Aussehen einer mystischen Gestalt, als wäre er einem alten Märchen entsprungen. Doch hinter diesem faszinierenden, fast übernatürlich wirkenden Äußeren verbirgt sich ein eiskalter Stratege, der mit jeder Entscheidung ein gefährliches Spiel spielt, stets die Kontrolle behaltend und die Spielregeln nach seinem Willen formend.

    Unter seiner Führung ist Praestigiae Furentes nicht nur eine Gruppe von Kriminellen, sondern ein Meisterwerk der Magie, Intrigen und dunklen Zauberei. Ihre Raubzüge sind so perfekt ausgeführt, dass sie keinerlei Spuren hinterlassen. Sie stehlen nicht nur materielle Reichtümer, sondern auch magische Artefakte, Erinnerungen und Seelen. Ihr Ziel ist es, das Gleichgewicht der Welt der Magie zu erschüttern und eine neue Ordnung zu schaffen, in der sie die wahren Herrscher sind.

    Die Mitglieder von Praestigiae Furentes:

    • Iris, die Elbin, die durch ihre Fähigkeit, Illusionen zu weben, den Verstand der Menschen zu manipulieren. Ihr strahlendes Aussehen und ihre silberne Mähne täuschen über ihre wahre Natur hinweg – sie ist die Meisterin der Täuschung und der Geheimnisse. Ihr Wunsch ist es, die Welt mit ihren Illusionen zu einem Ort zu machen, an dem alles möglich ist – auch wenn diese Welt nichts anderes als ein schrecklicher Traum wird.
    • Lazarus, der Dschinn, dessen goldene Augen und überirdische Ausstrahlung ihn zu einem der gefährlichsten Mitglieder machen. Lazarus ist kein gewöhnlicher Dschinn – seine Wünsche sind grausam und verzerrt, und seine Kraft kann den Stoff der Realität selbst beeinflussen. Wer sich ihm zuwendet, wird nie wieder der gleiche Mensch sein – und es gibt keine Möglichkeit, sich seinen Forderungen zu entziehen.
    • Vera, die Hexe der Alchemie, ist eine wahre Meisterin der Elementarmagie und Tränke. Ihre grauen, beinahe hypnotischen Augen und ihr ruhiges, bedacht wirkendes Auftreten verbergen die grausame Magierin, die das Fließen von Lebensenergie kontrolliert. Mit einem Tropfen eines Zaubertranks kann sie eine ganze Armee von Feinden lähmen oder die Wände einer Festung einstürzen lassen. Doch sie trägt eine tief verborgene Trauer mit sich – das Geheimnis ihrer wahren Herkunft.
    • Rafael, der Werwolf, ist von unbändiger Wildheit, und seine gigantische, muskulöse Gestalt kann in der Dunkelheit einer Nacht fast unsichtbar werden. Wenn er sich in seinen Wolf verwandelt, wird er zu einem mörderischen Tier, das nichts als Zerstörung im Kopf hat. Doch hinter seiner rauen Fassade steckt ein Mann, der um die Dunkelheit in sich kämpft – ein Mann, der sich nach einer Familie und Geborgenheit sehnt, die er nie hatte.
    • Luciana, die Dämonin, hat das Aussehen einer Kriegerin aus einem dunklen Märchen. Mit ihren feuerroten Augen und der flimmernden Aura, die sie umgibt, lässt sie die Luft selbst glühen. Ihr zynischer Humor und ihre Vorliebe für Chaos machen sie zu einer der gefährlichsten Mitglieder von Praestigiae Furentes. Doch auch sie trägt ihre eigenen Dämonen, und ihre Vergangenheit ist ein düsterer Schatten, der sie ständig verfolgt.
    • Nuala, die Fee, ist von unheimlicher Schönheit. Ihr winziger Körper, der wie der einer zarten Elfe wirkt, wird von einer mächtigen, unsichtbaren Magie durchzogen. Sie beherrscht die Luft und kann den Wind selbst kontrollieren. Ihre flimmernden, fast durchsichtigen Flügel und ihre unergründliche Natur machen sie zu einer der rätselhaftesten und gefährlichsten Mitglieder der Bande.

    Die Neueste Rekrutierung – Sally:

    Doch nun wurde ein neues Mitglied in die Bande eingeführt, das die Dynamik von Praestigiae Furentes verändern wird – Sally, eine 18-jährige Hexe mit einer geheimen und mächtigen Gabe. Sally mit ihren langen, glänzenden, dunklen Haaren, die in sanften Wellen über ihre Schultern fallen, und ihren tiefgründigen, brennenden Augen, die so viel mehr erzählen, als Worte jemals könnten war eine Schönheit. Ihre Schönheit ist eine Mischung aus Unschuld und Gefahr, eine seltsame, fast übernatürliche Ausstrahlung, die ihre Präsenz verstärkt. Ihre Haut hat einen warmen, olivfarbenen Teint, der im schwachen Licht schimmert und ihre Züge noch intensiver wirken lässt. Ihre Lippen, voll und sinnlich, ziehen die Blicke an, doch es ist die Art, wie sie spricht, ihre Stimme, die mit einer geheimen Macht schwingt, die wirklich fesselt. Sie trägt die Last der Welt auf ihren Schultern, als würde sie sich an den zerbrochenen Erinnerungen der Menschen laben. Ihre Magie ist wie ein ungeschliffenes Juwel – voller Potenzial und Dunkelheit.

    Sally hat die Fähigkeit, die Essenz der Vergangenheit zu ergründen – nicht nur das, was sich in einem Moment abspielt, sondern auch, was sich in der Zeit eingeschrieben hat. Sie kann die Taten derjenigen, die sie berührt, sehen und sogar die tiefsten Geheimnisse von Orten und Menschen enthüllen. Doch diese Macht hat ihren Preis. Jedes Mal, wenn sie in die Vergangenheit blickt, erleidet sie eine weitere Stück Zerfall in ihrem eigenen Geist. Doch Sally ist bereit, den Preis zu zahlen – sie hat keine Wahl, als sich der Bande anzuschließen.

    Die Raubzüge und die finsteren Ziele:

    Praestigiae Furentes führt ihre Raubzüge mit einer Perfektion aus, die jegliche Vorstellung von Diebstahl sprengt. Es sind keine gewöhnlichen Raubzüge – sie stehlen Artefakte von unschätzbarem Wert, von denen niemand wusste, dass sie existierten. Sie entwenden magische Geheimnisse und verbotene Zauber, um ihre Macht zu verstärken und das magische Universum zu stürzen. Ihr Ziel ist es, die Ewige Quelle der Magie zu finden – ein Artefakt, von dem gesagt wird, dass es den Träger in den wahren Herrscher aller Welten verwandeln kann. Doch ihre Motive sind von viel größerer Bedeutung – die Zerstörung des gegenwärtigen magischen Systems, das von den Ältesten und den wahren Magiern der Welt beherrscht wird.

    Es gibt nur einen einzigen Weg, dieses Artefakt zu finden: durch die Essenz der Magie selbst, und diese kann nur durch die unaufhörlichen Raubzüge und geheimen Machenschaften von Praestigiae Furentes erlangt werden.

    Das Netz von Geheimnissen und Verrat:

    Doch in einer Bande, in der Intrigen und Manipulation die Grundlage bilden, ist nichts so, wie es scheint. Jeder verfolgt seinen eigenen Plan – jeder hat ein Geheimnis, das ihn von den anderen unterscheidet. Die Bande ist ein brodelnder Kessel aus Macht, Verrat und magischen Kämpfen. Und Sally – das neueste Mitglied – steht an der Schwelle, all diese Geheimnisse zu entwirren. Doch wird sie in der Lage sein, sich der Dunkelheit zu entziehen, oder wird sie zu einem Werkzeug der Zerstörung werden, das von Andrés und den anderen Mitgliedern benutzt wird, um die Welt nach ihren Vorstellungen zu formen?

    Praestigiae Furentes ist mehr als nur eine Bande – sie ist ein Spiegelbild der dunkelsten Wünsche der Menschheit, ein Schatten, der über die magische Welt schwebt und darauf wartet, alles zu verschlingen.

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    Sphene "Sally" Flores [Inari] || FC: Adria Arjona

    Sphene Flores war von Geburt an kein gewöhnliches Kind. Ihr Name war uralt, vererbt über Generationen, ein Relikt eines geheimen Hexenzirkels, dessen Wurzeln bis ins finstere Salem reichten – zur Zeit der Prozesse, als bloßes Wissen über Magie den Galgen bedeutete. Ihre Vorfahren hatten gebrannt, geflohen, sich verborgen. Nur wenige überlebten, verstreut über Kontinente, über Jahrhunderte. Und nun war es an ihr – und an ihrer kleinen Schwester Raquel – die letzten Fäden dieses alten Vermächtnisses in den Händen zu halten. Als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen – oder das behauptete zumindest der Polizeibericht – zerbrach alles. Sphene wusste es besser. Die Spuren im Wagen, die verbrannten Symbole in der Erde ringsum, das zerstörte Schutzamulett ihrer Mutter … das war kein Zufall. Das war ein Angriff. Etwas hatte sie gefunden. Etwas hatte sie ausgelöscht. Und mit gerade einmal vierzehn Jahren stand Sphene allein mit einem Kind auf dem Arm und einem Hexenzirkel im Rücken, der längst zu Asche geworden war. Sie änderte ihren Namen. Nannte sich Sel. Weil Sphene zu viel verriet. Zu schwer war. Zu magisch. Sel war normal. Sel war sicher. Sel klang wie eine, die zur Schule ging und nicht wusste, wie man einen Schutzkreis aus Blut zieht oder Flüche aus dem Körper eines sterbenden Vogels lockt. Sie begann zu stehlen – zuerst aus Not, später aus Überlebensstrategie. Kleine Dinge: Brot, Shampoo, manchmal ein Geldbeutel, wenn er zu locker in der Tasche hing. Immer im Verborgenen, immer mit einem Blick zurück. Für sie war es kein Verbrechen – es war Versorgung. Es war Liebe in der rohsten Form. Raquel war ihre Welt. Klein, zerbrechlich, neugierig – ein Kind, das Magie in jeder Pusteblume sah, ohne zu wissen, dass sie ihr durch die Adern floss. Sel sang ihr alte Schlaflieder vor, die in uralten Zungen geflüstert wurden, wischte Tränen weg, während ihre eigenen im Schatten versickerten. Und dann, eines verregneten Tages, kam sie. Eine Frau, uralt in den Augen, aber mit einer Haltung, als hätte sie Berge bezwungen. Sie klopfte an ihre Tür und sagte ruhig: „Ich bin eure Großmutter. Die Mutter eurer Mutter. Und ihr gehört zu mir.“ Sel glaubte ihr nicht. Zuerst. Doch die Frau kannte ihren Geburtsnamen. Kannte die Schutzzeichen, die Sel unter dem Teppich gezeichnet hatte. Sie sprach in der Sprache der Träume, in der Sprache der Ahnen. Und sie roch nach Salbei, Wermut – und nach der Vergangenheit. Sie zogen zu ihr. In ein schiefes Haus am Rand einer vergessenen Stadt. Zwischen staubigen Büchern, getrockneten Kräutern und alten Kerzen erweckte die Großmutter ihr Erbe zum Leben. Sie zeigte Sel, wie man Runen bricht, wie man Feuer ruft, wie man Wahrheit von Lüge trennt. Sie lehrte sie, dass Magie nicht nur Macht ist – sondern Verantwortung. Und sie sprach von Salem. Von Schmerz. Von Verrat. Keine Gutenachtgeschichten – sondern Wahrheiten, die sich wie Dornen um das Herz legten. Aber nichts war für immer. Als Sel achtzehn wurde, starb die Großmutter. Sanft. In einem Sessel, der nach Lavendel roch. Ihre Augen offen, als wollte sie noch etwas sagen. Und dann – Stille. Nur Sels Atem, zittrig, rau, während Raquel noch schlief, nichtsahnend. Von da an war Sel wieder allein. Nur diesmal mit mehr Wissen. Und mehr Angst. Schule. Nebenjobs. Rechnungen. Verantwortung. Sie rannte. Und fiel. Und stand immer wieder auf, bis zu dem Abend, an dem sie Andrés begegnete. Er erschien, als wäre er aus dem Nebel getreten. Groß, elegant, mit einem maßgeschneiderten Mantel und einem Lächeln, das keine Wärme kannte – nur Kontrolle. Seine Augen durchbohrten sie. Nicht wie ein Mann, der eine Frau betrachtete – sondern wie ein Stratege, der ein Schachbrett liest. „Du versuchst, dich zu verstecken“, sagte er, ohne eine Frage zu stellen. „Aber Magie lässt sich nicht verbergen. Sie trägt dich wie ein Parfum.“ Er stellte sich als Andrés vor. Keine Herkunft. Kein Nachname. Nur Andrés. Und von da an begann alles zu kippen. Er führte sie in eine andere Welt – eine verborgene Bühne hinter dem Schleier der normalen Gesellschaft. Ein Netzwerk aus Trickbetrügern, Täuschern, Illusionisten. Diebe, die sich als Zauberer ausgaben. Gaukler, die mit einem Fingerschnippen Villen ausräumten, während ihre Opfer noch klatschten. Andrés war ihr Anführer. Nicht mit Gewalt, sondern mit Worten. Mit Taktgefühl. Mit dieser kühlen, magnetischen Art, die einen gleichzeitig verängstigte und faszinierte. Er inszenierte Raubzüge wie Kunstwerke – mit Musik, Masken, Timing. Jeder Coup war ein Theaterstück. Jede Tat eine Symphonie aus Betrug und Verführung. Und Sel? Sie war seine erste Geige. Er nannte sie La Loba. Die Wölfin. Sie setzte ihre Magie ein, nicht um zu schützen, sondern um zu blenden. Um die Opfer zu verwirren. Sie wurde unsichtbar, unantastbar – mächtig. Doch Andrés ließ sie nie wirklich nah an sich heran. Für all die Nähe, die er zeigte – die kleinen Berührungen, die Worte, die schmeichelten – war da immer diese Leere dahinter. Wie ein Spiegelkabinett: Man sah ihn, aber fand nie den Ausgang. „Emotionen sind Ballast“, sagte er eines Nachts, während sie zu zweit auf einem Hoteldach saßen, gemeinsam Rotwein tranken und das Licht der Stadt unter ihnen flackerte. „Und Ballast ist das Erste, was man über Bord wirft, wenn das Boot zu sinken droht.“ Trotzdem blieb sie. Wegen dem Nervenkitzel. Wegen dem Gefühl, jemand zu sein. Wegen der Macht. Und vielleicht – wegen ihm. Doch Raquel sah ihr zu. Wurde älter. Und stellte Fragen. Warum sie nachts wegging. Warum sie Dinge verschwinden ließ, ohne sie zu berühren. Warum sie manchmal starr ins Leere blickte, als würde sie etwas sehen, was andere nicht konnten. Sel hatte keine Antworten. Nur Instinkt. Und eine leise Ahnung, dass irgendwann der Preis kommen würde. Denn Magie – echte Magie – nimmt nie ohne Gegenleistung. Und die Schatten von Salem hatten nie wirklich aufgehört, nach ihr zu suchen. Hand in Hand rannten sie oft durch dunkle Gassen, das Blut heiß, das Herz laut. Wenn die Sirenen heulten, wurden sie eins – atemlos, eng aneinandergedrängt, ihr Lachen vermischt mit dem Puls der Flucht. Manchmal verschwanden sie spurlos, als hätte die Nacht sie verschluckt. Manchmal reichte ein Blick, ein leiser Richtungswechsel – und sie bogen ab, still, wie Schatten, nur um sich Sekunden später gegenüberzustehen, Stirn an Stirn, Atem auf Atem. Ihre Hände fest ineinander. Ihre Blicke wie Versprechen, die keiner aussprach. Die auch nicht existierten, zumindest nur einseitig nicht vorhanden war. Es begann schleichend. Wie ein Tropfen auf Stein. Sel hatte sich nicht absichtlich in Andrés verliebt. Niemand verliebt sich absichtlich in einen Mann wie ihn. Es war etwas, das passierte, obwohl sie es besser wusste. Ein langsames Gift, süß im Geschmack, bitter im Nachhall. Anfangs war da nur Bewunderung. Für seine Eleganz, für seine Klugheit, seine unnachahmliche Art, Chaos in Ordnung zu verwandeln. Er war der Puppenspieler inmitten eines brennenden Theaters – und sie fühlte sich geehrt, auf seiner Bühne stehen zu dürfen. Er ließ sie Dinge fühlen, die sie längst weggesperrt hatte. Stolz. Mut. Begehrlichkeit. Tanze mit ihr. Küsste sie. Dann kam der Moment, in dem sie es ihm sagte. Es war keine große Szene. Kein dramatischer Kuss im Regen. Keine Hollywoodszenerie. Nur ein leiser Moment zwischen zwei Raubzügen, in einem anonymen Hotelzimmer in Lissabon, das nach Wein und Magie roch. Sie sah ihn an und sagte: „Ich glaube, ich liebe dich.“ Ein Atemzug. Ein Blick, der zu lang dauerte. Und dann – ein Lächeln. Dieses gefährliche, leise Lächeln. Es war der Anfang ihres Untergangs. Zarte neunzehn Jahre war sie jung zu diesem Zeitpunkt. Er trat näher. Näher. Er konnte sein Aftershave riechen. Es war das, was sie ihm zum Geburtstag schenkte. Im Hintergrund lief Musik. I Can't Stop Crying. von Will Grove-White. Streichelte ihre Wange. Flüsterte: „Das ist gefährlich, Amado mío“, flüsterte er leise, als er sich zu ihr beugte und ihre Lippen mit einem Kuss berührte – tief, leidenschaftlich, als würde er etwas in ihr entfachen, das längst begraben war. Dann griff er nach ihrer Hand, zog sie sanft an sich und legte seinen Arm um ihre Hüfte. Gemeinsam bewegten sie sich im Takt der Musik, als wäre alles um sie herum verschwunden. Er summte leise mit, seine Stimme wie ein sanfter Schatten in der Luft. Immer wieder küsste er sie, seine Lippen suchten die ihren, doch jedes Mal blieb es ein Versprechen, das ungesagt im Raum hing. Ein Versprechen, das nie erfüllt werden würde. Von diesem Moment an war es ein Spiel – und sie wusste, dass sie längst die Regeln verloren hatte. Er suchte ihre Nähe. Kam nachts in ihr Zimmer, wie ein Schatten, zog sie zu sich, flüsterte Dinge in ihre Haut und in ihr Ohr, die nur ein Mann flüstern konnte, der genau wusste, wie tief seine Worte schnitten. Und am nächsten Morgen? War er fort. Keine Nachricht. Kein Abschied. Dann tauchte er wieder auf, weil er sie brauchte – lächelnd, charmant, als wäre nichts gewesen. Manchmal brachte er ihr kleine Geschenke: ein Ring aus schwarzem Silber, ein seltenes Buch, ein Parfüm, das roch wie ein Meer aus Blumen. Sie saßen oft zusammen und tranken, wie immer ihren Wein gemeinsam, legten gute Musik auf um zu tanzen, küssten sich. Und jedes Mal, wenn sie dachte jetzt bleibt er, verschwand er wieder. Das ging fünf Jahre so. Fünf Jahre zwischen Sehnsucht und Stolz, zwischen Ekstase und Leere. Fünf Jahre, in denen sie die beste Frau an seiner Seite war – klug, stark, loyal, treu – nur um dann allein auf einem Hoteldach zu sitzen, den besten Wein der Stadt zu trinken und sich zu fragen, ob sie überhaupt etwas für ihn war. Ob sie für ihn etwas bedeutete? Mit dreiundzwanzig zog sie den Schlussstrich. Keine große Szene. Kein letzter Kuss. Nur ein Brief. Eine kleine Wohnung, die sie über Nacht verließ. Und eine Entscheidung, die sich wie eine Amputation anfühlte. Ihr gebrochenes Herz blutete. Sie weinte, doch sie sagte sich: „Das ist das beste für mich.“ Sie zog weg. Nahm Raquel mit. Es war Zeit, etwas zu suchen, das nicht auf Lügen und Rauch gebaut war. Da fiel ihr ein, dass ihre Großmutter oft von einer Freundin gesprochen hatte – Rosa, die in Los Angeles ein Blumengeschäft betrieb. Eine einfache Frau mit einem Herz für Magie, die sich aber aus allem heraushielt. Sel schrieb ihr, kurz und klar. Und Rosa schrieb zurück: „Komm. Ich habe Platz. Und Blumen brauchen Hände wie deine.“ Also arbeitete Sel fortan mit Rosen statt Runen. Bindete Sträuße statt Schutzkreise. Sie gewöhnte sich an die Stille. An das einfache Leben. Kein Adrenalin mehr. Keine Fluchten. Keine Küsse im Dunkeln. Kein nächtliches Wein trinken auf einem Hoteldach der Stadt. Kein Luxus. Keine leeren Versprechen. Nur sie, Raquel und Tante Rosa, wie sie die ältere Frau liebevoll nannten. Und dann, nach sechs Jahren, stand er plötzlich wieder da. Andrés. Mitten im Laden. Umgeben von Lavendel, Eukalyptus und weißen Lilien. Ein tiefschwarzer, maßgeschneiderter Samtanzug, schimmernd wie flüssige Nacht, mit goldenen Nadelstreifen, die im Licht wie feine Magielinien glühten – edel, unverschämt elegant, unvergesslich. Im selben dunklen Mantel wie früher, nur wirkte dieser neu. Mit denselben dunklen Augen, die immer mehr wussten, als sie zeigen wollten. Sie stand da – die Hände voller Dornen – und ihr Herz schlug ihr gegen die Rippen wie damals, als sie zum ersten Mal bei einem Raubzug geblinzelt hatte und er ihr aus dem Schatten zugezwinkert hatte. Jede Mauer, die sie sich über Jahre aufgebaut hatte, begann zu bröckeln. Nicht wegen ihm. Sondern wegen dem Teil in ihr, den sie nie ganz geheilt hatte. Er lächelte. Und sagte nur: „Ich hatte vergessen, wie du duftetest, wenn du glücklich bist. Trägst du etwa mein Parfüm?“ Und in ihren Augen schimmerten Tränen – nicht aus Schwäche. Sondern weil sie genau wusste, was jetzt kommen konnte. Denn Andrés war nie ein Mann, der einfach nur „Hallo“ sagte. Er kam, wenn etwas in Bewegung geriet. Und irgendetwas… war wieder erwacht. Irgendetwas ließ alle verschütteten Gefühle wieder aufleben.

    Andrés de la Fuente [Leander] || FC: Pedro Alonso

    Andrés de la Fuente – das Lächeln eines Räubers, das Herz eines Poeten, und ein Schatten, der nie ganz greifbar war.
    Er war nie für das Licht gemacht worden. Zu viele Ecken in seiner Seele, zu viele Fragen, die keine Antworten wollten. Geboren zwischen Regeln und Runen, Ordnung und Omen – aufgewachsen im warmen Duft von Lavendel und altem Zauber, aber mit einem ständigen Echo väterlicher Härte im Nacken. Andrés trug beides in sich. Und vielleicht zerriss es ihn genau deshalb immer ein bisschen mehr, je älter er wurde. Er versuchte es. Ehrlich. Die Uniform, das Pflichtbewusstsein, das gerade Rückgrat – all das, was sein Vater stolz gemacht hätte. Doch in den stillen Stunden, wenn der Kaffee kalt wurde und die Straßen schwiegen, sehnte er sich nach mehr. Nach Flüstern. Nach Gefahr. Nach diesem Prickeln, das einem sagt: Du atmest gerade richtig. Er wurde zu einem Mann, der wusste, wie man stiehlt, ohne zu nehmen. Wie man liebt, ohne zu bleiben. Wie man tanzt, ohne den Takt zu verlieren – auch wenn der Boden unter einem bröckelte. Sein Team war klein, unscheinbar. Jeder Einzelne ein Puzzleteil des Unmöglichen. Und dann kam Sphene.

    Sie war wie ein Splitter Mondlicht – leise, scharfkantig, manchmal fast zu hell für seine Schatten. Achtzehn, mit einer Stimme, die klang wie das Knistern von Seiten in alten Büchern. Ihre Blicke bohrten sich durch Fassaden, als hätte sie ihn schon immer gekannt – oder schlimmer: durchschaut. Er wusste nicht, warum sie da war. Vielleicht war sie eine Warnung. Vielleicht ein Versprechen. Aber was auch immer sie war – sie blieb. An seiner Seite, immer einen Schritt zu nah, immer ein Hauch zu vertraut. Sie tanzten. Auf Marmorböden, auf Hoteldächern, unter Sternen, die keiner sehen sollte. Er brachte ihr klassische Musik näher – Chopin, Debussy, Ravel. Sie lachte über seine Leidenschaft für französischen Wein, über seine arrogante Art, Gläser zu schwenken, als wäre er ein König. Und sie küssten sich. Nicht oft. Nicht regelmäßig. Aber intensiv. Wie Diebe, die wussten, dass man den Moment stiehlt oder verliert. Und dann... sagte sie es. Mit geröteten Wangen, zitternden Fingern und einem Mut, der so gar nicht zu ihrem sonst so kühlen Blick passen wollte. Er kann sich an diesen Abend erinnern, als wäre er in seine Haut tätowiert. Nicht wie eine Erinnerung – eher wie ein Echo, das nie ganz verstummt. Die Art, wie das Licht durch die hohen Fenster der Suite fiel. Wie die Vorhänge sich im Wind bewegten, als hätte der Himmel selbst heimlich mitgehört. Und dieser Song... "I Can't Stop Crying", Will Grove-White, auf einem altmodischen Plattenspieler, der in der Ecke stand wie ein vergessenes Relikt aus einer besseren Zeit. Die Nadel knisterte leise, fast zärtlich, und die Musik tropfte wie Honig in den Raum. Sanft. Schmerzhaft. Wahr. Der Rotwein in ihrem Glas war teuer. Viel zu teuer für zwei Menschen, die sich nie wirklich gehörten. Andrés trug ein schwarzes Hemd, halb geöffnet, ein müder Glanz in den Augen, den nur Menschen tragen, die zu viel gesehen haben – und trotzdem nie genug. Sphene saß ihm gegenüber, barfuß auf dem flauschigen Teppich, ein Lächeln auf den Lippen, das nur halb zu ihr gehörte. Ihre Knie berührten sich manchmal, nur flüchtig. Wie ein Spiel, bei dem keiner die Regeln wirklich verstand, aber beide trotzdem mitspielten. Sie tanzten nicht. Nicht sofort. Sie redeten wenig. Auch das nicht nötig.

    „Du weißt, dass ich bleibe, oder?“ hatte sie gesagt, kaum hörbar.
    „Wenn du willst.“
    „Ich will.“
    Und dann – eine Pause.
    Eine von diesen Pausen, in die ganze Leben passen.
    „Ich liebe dich, Andrés.“
    Er sah sie an. Länger, als man sollte. Länger, als gesund war.
    Er hätte etwas sagen können. Etwas, das wehtat. Oder etwas, das tröstete. Aber er sagte nichts, sondern tat etwas anderes.

    Er stand auf. Langsam. Wie jemand, der wusste, dass man Zerbrechliches nicht hetzt. Reichte ihr die Hand, wortlos, mit einem Blick, der alles sagte und gleichzeitig nichts. Und sie – nahm sie. Natürlich. Weil sie immer gehofft hatte, dass er das tun würde. Er zog sie zu sich, legte eine Hand an ihre Taille, die andere an ihre Hand, und begann mit ihr zu tanzen. Er sprach: „Das ist gefährlich,...“ Und sie tanzten weiter. Nicht perfekt. Nicht einstudiert. Sondern echt. Die Musik war weich, bittersüß, eine einzige Verletzlichkeit in Moll. Er summte leise mit. Erst nur so. Dann sang er. Kaum hörbar, ganz bei sich. Ganz bei ihr. „I can’t stop crying… since you walked away…” Und er küsste sie. Nicht gierig. Nicht flüchtig. Sondern mit dieser traurigen Zärtlichkeit, die nur Menschen kennen, die wissen, dass nichts für immer ist. Die Welt draußen war weit weg. Es gab nur sie. Den Tanz. Den Wein. Das Lied. Und das, was nie gesagt wurde – aber immer zwischen den Tönen lag. Er spielte. Natürlich spielte er. Er spielte immer. Auch wenn etwas in ihm flackerte, wenn sie ihn ansah. Auch wenn er manchmal wach lag, mit ihrem Lachen im Ohr und dem Gefühl, etwas verpasst zu haben. Irgendwann verschwand er – wie immer. Ohne Abschied. Ohne Spur. Nur ein leises Parfum aus Erinnerungen. Und sie? Sie blieb diesmal nicht. Fünf Jahre hatte sie das Spiel mit ihm gespielt. Als er zurückkam, war sie fort. Diesmal war sie schneller gewesen. Reifer. Stärker. Und etwas in ihm... fehlte. Sie hinterließ nur einen Brief. Sie war fort. Fort mit ihrer kleinen Schwester. Und er blieb allein. Ein Raum, der sonst nie leer war. Eine Melodie, die sich nicht mehr finden ließ. Er dachte an ihre Finger in seinem Haar, an ihre Stimme, wenn sie sang – leise, fast wie eine Beschwörung. Und plötzlich... war sie überall. In jedem Tropfen Wein, in jedem Tango mit einer Fremden, in jedem verdammten Lied von Rachmaninow. Selbst, wenn er ins Theater ging, sah er sie über all. Er war es gewohnt, dass Menschen ihn verließen. Oder dass er sie verließ. Es hatte ihn nie berührt. Bis Sphene. Sie hinterließ keinen Schnitt – sie hinterließ eine Narbe. Nur eine Leere.

    Sechs Jahre später fand er sie wieder.
    Nicht in einem geheimen Nachtclub, nicht auf einem verregneten Dach irgendwo in Rom – sondern in einem kleinen, unscheinbaren Blumenladen in Los Angeles. Die Türglocke klingelte, als er eintrat, und der Duft von frischem Lavendel und Rosen schlug ihm entgegen wie eine Welle aus Erinnerung. Doch es war nicht der Blumenduft, der ihn innehalten ließ. Es war ihr Parfüm. Ein Hauch von Paris, verborgen zwischen Pfingstrosen und Staub – das Parfüm, das er ihr damals geschenkt hatte, nach einer langen Nacht und einem noch längeren Morgen, irgendwo in einem Hotel mit zu vielen Kissen und zu wenig Zukunft. Er sah sie zuerst nur von hinten. Ihr Haar war länger geworden. Lockiger vielleicht. Oder einfach nur älter. Sie müsste nun neunundzwanzig Jahre alt sein, wenn er richtig gerechnet hatte. In der Hand hielt sie eine Vase mit cremeweißen Rosen. Ihre Finger zitterten leicht – so wie früher, wenn sie log.
    Dann drehte sie sich um. Langsam. Als hätte sie ihn gespürt, bevor sie ihn sah. Und für einen Moment – nur einen – sah sie aus, als würde sie weinen. Nicht offensichtlich. Nicht dramatisch. Aber ihre Augen glänzten zu sehr für dieses sanfte Licht. Und ihre Lippen formten keinen Gruß. Nur ein leichtes Zittern, als wäre sein Name ein Geist, den sie längst beerdigt hatte. Er sagte nichts. Noch nicht. Denn manchmal... spricht die Vergangenheit zuerst..

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  • 2013 - Lissabon, Portugal

    Der Wecker klingelte um Punkt acht Uhr. Hartnäckig. Fast ein bisschen zu laut für eine Wohnung wie diese – groß, elegant, hoch über den roten Dächern Lissabons gelegen. Ein Ort, der eher nach Fado und Meeresbrise klang als nach schnarrendem Weckton. Doch bevor der Ton sich richtig in die Räume fressen konnte, verstummte er schon wieder. Nicht, weil jemand verschlafen auf das Gerät schlug, sondern weil Andrés de la Fuente längst wach war.

    Er hatte ihn selbst ausgeschaltet. Ruhig. Wortlos. Der Tag hatte für ihn schon begonnen, lange bevor das Display acht zeigte.

    In der offenen Küche saß er bereits – Rücken halb zur bodentiefen Fensterfront, durch die das goldene Licht der Morgensonne über das Tejo-Ufer strich. Sonnenlicht wie ein Flüstern auf seiner Schulter. Die Gassen von Alfama lagen noch im sanften Dämmer, und unten zogen die ersten alten Straßenbahnen quietschend ihre Bahn. Andrés saß, wie nur er sitzen konnte: gelassen, aber mit Haltung. Das eine Bein über das andere geschlagen, den Körper in den abgewetzten, aber stilvollen Ledersessel gelehnt, der schon zu viele Gespräche und zu viele Gläser Douro-Wein miterlebt hatte.

    In der linken Hand: eine dampfende Tasse Kaffee. Schwarz. Stark. Ehrlich.
    In der rechten: die Tageszeitung. Kein Tablet, kein Bildschirm. Papier. Echte Tinte, echtes Gewicht. Altmodisch, mit Absicht. Andrés mochte es, wenn Dinge Spuren hinterließen – ob auf der Haut oder in Gedanken.

    Normalerweise wäre das seine Wein-Zeit. Spät am Morgen, früh genug für einen kräftigen Roten aus Alentejo. Nicht aus Trunkenheit. Aus Prinzip. Wein war für ihn kein Genussmittel, sondern ein Statement. Doch heute war anders. Kein Alkohol. Kein Theater. Kein leichtes Lächeln zum Glas.

    Heute wollte er Eindruck machen.
    Wirklich. Warum – das wusste er selbst nicht genau. Vielleicht wegen sich. Vielleicht wegen ihr. Vielleicht, weil man manchmal einfach aufrecht gehen will, ohne zu schwanken.

    Oben erwachte die Wohnung langsam zum Leben. Schritte auf dem alten Holz der Treppe, ein leises Knarzen, Stimmen wie Erinnerungen. Dann Iris – barfuß, zerzaustes Haar, T-Shirt mit Fado-Textzeilen drauf. Der Blick einer Frau, die zu früh zu viel weiß und zu spät zu wenig sagt.

    „Andrés, bist du krank?“, fragte sie, während sie in die Küche trat wie jemand, der sich lieber irrt, als recht zu haben.

    Er klappte die Zeitung zusammen, sah sie über den Rand seiner Tasse hinweg an. Ein müdes Lächeln. Ironie in der Form von Wärme.

    „Zu deiner Enttäuschung, Cielo, nein. Weder krank noch kurz vorm Tod.“

    „Sicher?“
    Sie verengte die Augen.

    „Ich meine – du trinkst Kaffee. Vor acht. Du wirkst fast organisiert. Das ist kein gutes Zeichen.“

    „Ich versuche einfach nur, einen guten Eindruck zu hinterlassen.“

    Er sagte es ruhig. Vielleicht zu ruhig.

    „Einen guten Eindruck, hm?“ Iris griff sich ihre Tasse, füllte sie auf, als bräuchte sie das Gewicht darin, um aufrecht zu bleiben. „Und bei wem, bitte? Bei Gott? Beim portugiesischen Zoll? Oder bei dem Typen mit dem Fischstand unten an der Ecke?“

    „Bei der Welt“, murmelte er. „Oder bei mir.“

    Sie sagte nichts. Stattdessen setzte sie sich ihm gegenüber und starrte ihn an, als würde er gleich anfangen, Gedichte zu rezitieren oder sich freiwillig für Steuererklärungen melden.

    Dann kam Lazarus. Barfuß, Handtuch um die Hüften, Dampf auf der Haut. Das Bad roch noch nach Lavendelseife und Hitze. Er blieb im Türrahmen stehen, rieb sich mit einem weiteren Handtuch durchs Haar, musterte Andrés.

    „Du bist wach. Vor mir.“

    Als wäre das ein kosmisches Ungleichgewicht.

    „Vielleicht wollte ich mal sehen, wie Lissabon aussieht, bevor sie nach Touristen riecht.“

    Lazarus zog eine Braue hoch. „Du hasst Touristen. Und Sonnenlicht.“

    „Ich hasse vieles. Trotzdem bin ich charmant geblieben.“

    „Nicht vor acht.“

    Und wie ein geheimes Kommando folgten die anderen – ein halbes Orchester aus Chaos und Loyalität.

    Vera kam als Nächstes. Seidenschal, roter Lippenstift, Sonnenbrille auf dem Kopf wie eine Krone. Der Wind von draußen wirbelte ihr Haar leicht auf, als hätte das Schicksal einen dramatischen Auftritt geplant.

    „Du trägst keinen Wein. Ich mach mir Sorgen.“

    „Willst du ihn für mich trinken?“ Andrés nippte an seinem Kaffee.

    „Nur, wenn du mir vorher sagst, wessen Beerdigung wir heute crashen.“

    Rafael tauchte hinter ihr auf, Zigarette in der Hand, immer halb zwischen Wachzustand und Weltflucht. Er lehnte im Türrahmen, als könne man dort notfalls auch sterben.

    „Du hast deinen Anzug gebügelt. Selbst. Das schreit nach Einbruch, Mord oder – Gott bewahre – einem Bewerbungsgespräch.“

    Luciana ließ sich auf einen Hocker sinken, warf ihm ein Kissen zu. „Du riechst nicht nach Wein. Das ist... neu.“

    „Ich wollte Eindruck machen“, wiederholte Andrés. Beiläufig. Als sei das nichts.

    „Dann trag wenigstens keine weißen Schuhe“, murmelte Rafael.

    „Oder diesen lila Alptraum von Schal“, meinte Vera.

    „Oder ein schlechtes Gewissen“, sagte Nuala – leise, aber messerscharf. Sie war die Letzte, die kam. Wie immer. Wie ein Schlusspunkt mit Herz. Jünger, stiller, aber mit einem Blick, der alles sah.

    „Du hast letzte Nacht nicht Klavier gespielt“, sagte sie. „Ich hab es gehört.“

    Er sagte nichts. Schaute sie alle an. Nacheinander. Im Licht von Lissabon, das alles vergoldet, auch die Risse in alten Fassaden.

    Seine Crew. Seine Familie. Jeder mit Dellen und Schatten, aber da.

    „Ich will heute einfach nur gut aussehen“, sagte er schließlich. Und meinte es.

    Niemand glaubte ihm.

    Und das – war vielleicht das Ehrlichste an allem.


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  • Sphene betrat die Küche ohne großes Aufsehen, als ob der Raum sie schon erwartet hatte. Sie zog die Tür leise zu, als wollte sie nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen, und setzte sich dann auf einen der Barhocker an der Kücheninsel. Ihre Bewegung war entspannt, fast nachlässig, doch ihre Augen – scharf, wach – schienen sofort alles aufzunehmen. Sie gähnte, dehnte sich kurz und blickte dann langsam in die Runde. Iris stand an der Kaffeemaschine, die Augen zusammengekniffen, als würde sie mit dem Gedanken spielen, einen geheimen Plan zu entwerfen. Vera hatte ihre Sonnenbrille auf der Stirn, als würde sie ihre innere Sonne abwenden, und ihre Haltung ließ keinen Zweifel daran, dass sie die Situation im Raum genau abcheckte. Rafael, mit seiner Zigarette in der Hand, schien etwas zwischen Schlaf und Wachsein zu pendeln, der Rauch stieg in blauen Schwaden zur Decke. Luciana saß mit einem Kissen umklammert, der Blick eher nachdenklich als neugierig, und Nuala, immer die ruhigste, beobachtete still, als ob sie die Anspannung förmlich einatmete. Sphene ließ ihren Blick ein wenig verweilen, dann blinzelte sie einmal, als wolle sie sich den Schläfchenrausch aus den Augen vertreiben. Sie wusste, dass sie genau in dem Moment auffiel – und genau wusste sie auch, dass sie in der Runde nicht unsichtbar bleiben konnte.

    „Bist du etwa verschlafen oder planst du nur die nächste Spitze?“ Iris' Stimme war scharf, fast spöttisch, aber mit einem Unterton, der etwas Unausgesprochenes transportierte. Sphene hob eine Augenbraue, als hätte sie den Scherz verstanden, aber noch nicht entschieden, ob er amüsant war. Sie legte ihren Kopf ein wenig zur Seite, betrachtete Iris für einen Moment – und tat dann so, als würde sie gar nicht auf sie reagieren.

    Vera schnalzte mit der Zunge, ihr Blick ging zu Andrés, der immer noch ruhig an der Fensterfront saß. „Ich hab selten einen so aufgeräumten Andrés gesehen. Und das direkt nach dem Aufstehen – unheimlich.“

    Sphene verzog das Gesicht leicht. Sie war sich bewusst, dass die Bemerkung eine Mischung aus Belustigung und einem winzigen Funken Misstrauen war. Doch sie hielt sich zurück, der Moment verlangte mehr Aufmerksamkeit für das größere Bild. Rafael, der sich jetzt mit einem rauchigen Lächeln zu Wort meldete, inhalierte tief und ließ den Rauch in die Luft steigen, als würde er dabei seine Gedanken ordnen. „Wartet ab, gleich fängt er an, euch alle zu coachen. ‚Vertrauen ist der Schlüssel‘ oder sowas.“ Seine Worte trugen eine Mischung aus Zynismus und Vertrautheit, als ob er schon zu viele Male miterlebt hatte, wie Andrés den ganzen Raum in seinen Bann zog.

    Luciana, die mit einem Kissen kuschelte, das aussah, als wäre es mehr eine Art Schutzschild als ein Kuschelfaktor, legte ihren Kopf schief und murmelte mit einer Mischung aus Skepsis und Verwunderung: „Ich weiß nicht… er sieht aus, als hätte er was vor. Und ich mag’s nicht, wenn er was vorhat.“ Sie sprach leise, als ob sie wirklich versuchte, Andrés’ plötzliche Veränderung zu verstehen. Aber diese Unsicherheit war spürbar, fast greifbar in der Luft.

    Nuala, die sich gerade einen Schluck Kaffee einschenkte, zuckte nur mit den Schultern, ihre Reaktion war minimal, als sei sie mit der ganzen Situation längst vertraut, fast schon unbeeindruckt: „Vielleicht hat er heute einfach Kopfschmerzen. Oder einen Plan.“

    Ein stilles, bedeutungsvolles Schweigen breitete sich für einen Moment aus, als Nualas Worte den Raum füllten. Sphene ließ sich ein wenig Zeit, um zu beobachten, wie jeder mit der Situation umging. Sie wusste, dass Andrés ein Rätsel war, ein Mann, den sie nie ganz ergründen konnte – und der immer wieder so unvorhersehbar war, dass er die ganze Dynamik in der Gruppe auf den Kopf stellen konnte. Vielleicht war das genau der Punkt. Schließlich lehnte sie sich zurück, die Arme locker verschränkt. Sie nahm einen langen Schluck aus ihrer Tasse und legte dann den Becher langsam wieder ab, als wäre der Moment, in dem sie sprechen wollte, genau der richtige. Ihre Stimme war ruhig, aber der leichte Hauch von Spott ließ sich nicht ganz unterdrücken. „Vielleicht trinkt er heute einfach keinen Wein, weil er’s kann. Und nicht, weil er’s nötig hat.“ Ihr Ton war von einer subtile Ironie durchzogen, aber sie ließ ihn in der Luft hängen, als ob sie eine Botschaft verstecken wollte, die nicht jeder sofort entdeckte. Ein kurzes, fast unmerkliches Raunen ging durch die Gruppe. Es war kein lautstarker Aufschrei, keine empörte Reaktion – sondern eher das leise, unruhige Knistern von Verwirrung und Unsicherheit. Sphene zog ihre Augenbrauen zusammen, als ob sie gerade eine unbequeme Wahrheit ausgesprochen hatte, aber sie sah Andrés dabei nicht einmal direkt an. Sie ließ ihn ihre Worte spüren, ohne den direkten Kontakt zu suchen. „Er hat sich entschieden, uns mal nicht den gewohnten Andrés zu geben“, fügte sie hinzu, als ob sie versuchte, etwas zu entschlüsseln, das sie nicht ganz verstand. Ihre Stimme war einen Tick weicher, als der spöttische Teil der Bemerkung abgeklungen war, und da war dieser winzige Moment von Loyalität, den sie nicht wirklich erklären konnte. „Vielleicht will er einfach mal den Tag ohne die ganze Show beginnen. Vielleicht braucht er den Moment.“ Sphene nahm erneut einen Schluck Kaffee, diesmal etwas langsamer, und ließ sich Zeit, während die anderen in einem stillen Austausch versuchten, ihren Worten Gewicht zu geben. Es war ein stilles Einverständnis, das zwischen ihr und Andrés herrschte – mehr unausgesprochen als gesagt. Sphene unterdrückte ein Seufzten und trank ihren Kaffee.

    Leander

  • Andrés ließ Sphenes Spitze ungerührt an sich abprallen. Er legte die Hand um die Kaffeetasse, hob sie zum Mund und schloss beiläufig die Augen, als müsse er den ersten Schluck bewusst genießen – obwohl er längst getrunken hatte. Dann öffnete er die Augen, sah in die Runde und … lächelte. Nur ein kurzes Zucken seiner Mundwinkel, so unnahbar wie ein Eisberg unter sommerlicher Sonne. Er stellte die Tasse ab, strich sich die Fingerspitzen über den Sakko-Revers und sprach mit ruhiger Stimme, die gleichzeitig Klingen führen konnte: „Wein? Ein altes Klischee. Ich trinke heute Kaffee, weil er wacher macht als jedes Tramadol – und mir erlaubt, eure Hektik in aller Ruhe zu bewundern.“ Iris, die gerade ihre Kaffeetasse ansetzte, hielt inne. Die Lidlider senkten sich halb, als sie ihn musterte. Ein Augenblick, in dem sie ihm hätte widersprechen können. Doch sie lehnte sich nur zurück und murmelte: „Natürlich bewunderst du uns. Das ist der beste Weg, nicht erzählen zu müssen, was wirklich los ist.“ Vera ließ die Hand über die Gläser auf der Arbeitsfläche gleiten, als zähle sie die Sekunden bis zur nächsten Katastrophe. Ihr Lächeln war dünn, durchzogen von Neugier und dem stummen Wunsch, einen echten Riss in seiner Fassade zu sehen. „Also gut, Herr de la Fuente“, sagte sie kühl, „immerhin hast du uns jetzt wissen lassen, dass du uns beobachtest. Ein echter Gentleman.“ Rafael zog eine Dampfwolke hinter sich her und lehnt sich an die Kücheninsel. Er blies den Rauch in Locken gen Decke und grinste schief: „Kaffee statt Wein? Vielleicht bist du ja heute einfach nüchtern genug, um uns endlich sagen zu können, was dir wirklich durch den Kopf geht.“ Luciana, das Kissen noch im Arm, öffnete den Mund, ehe sie ihren Gedanken stoppte. Dann nickte sie nur knapp: „Oder du bleibst bei deinen Rätseln. Ganz dein Stil.“ Nuala, die stets am Rand der Gruppe gestanden hatte, trat einen Schritt vor. Sie faltete die Hände, ihre Stimme war leise, aber fest: „Im Endeffekt reden wir alle aneinander vorbei. Du willst Eindruck schinden – ohne einen Finger zu rühren.“ Andrés nahm einen weiteren Schluck von seinem Kaffee, dann ließ er die Tasse so behutsam auf der Arbeitsplatte landen, als vergriffe er sich an einem antiken Porzellan. Er beugte sich vor, Hände hinter dem Rücken verschränkt – eine Geste der Kontrolle. „Eindruck? Nein. Ich genieße lediglich, dass ihr euch so viele Gedanken macht, wo doch keiner von euch meine wirkliche Absicht kennt.“ Er sah Iris an, dann Vera, Rafael, Luciana und schließlich Nuala, und nickte kurz. Nicht freundlich, nicht feindlich – einfach zur Kenntnis. „Ihr könnt weiter rätseln. Ich werde mich an den Tag halten, an dem ich euch eure Antworten serviere.“ Damit wandte er sich wieder dem Fenster zu, blickte auf die Rua das Flores hinab und ließ das Gespräch in ihrem Schweigen zurück – unnahbar, souverän, als sei das letzte Wort ohnehin schon gesprochen. Er wusste, was dieser Tag war. Er wusste, was er bedeutete. Und er wusste, dass es nicht nur irgendein Tag war. Heute war der Tag, an dem alles wieder ins Rollen kommen musste, an dem die Vorbereitungen für die große Bühnenshow begannen. Doch das war nur die halbe Wahrheit. Denn es gab noch etwas anderes, das in der Luft lag. Etwas, das nicht einmal er vollständig fassen konnte, aber das er ganz genau spürte. Etwas, das mehr war als nur ein neuer Plan oder eine neue Strategie.

    Heute war der Tag, an dem sich ihr Leben wieder einmal verändern würde. Heute war der Tag, an dem sie alle die letzte Nacht in Lissabon erleben würden. Und sie wussten es, auch wenn sie es noch nicht aussprechen konnten. Es war in den Blicken, in der Art, wie sie sich bewegten, in der Unsicherheit, die in der Luft lag. Es war mehr als nur der Beginn eines neuen Vorhabens. Es war der Abschluss von etwas, das nie mehr zurückkehren würde. „Heute“, begann er schließlich, und seine Stimme war ruhig, beinahe unwirklich in ihrer Gelassenheit, „beginnen wir mit den Vorbereitungen für die Show. Aber nicht nur das... Heute wird sich alles ändern. Und keiner von uns wird je wieder dieselbe Person sein, die er gestern war.“ Er ließ seine Worte in die Stille fallen, als würden sie sich erst setzen müssen. Seine Augen, die vor einem Moment noch die Stadt überblickt hatten, wanderten jetzt langsam über die Köpfe seiner Crew. Iris, Vera, Rafael, Luciana, Nuala – sie alle waren wie Schatten in einem Raum, der plötzlich zu klein wurde für das, was bald kommen würde. „Heute Nacht“, fuhr er fort, „werden wir hier zum letzten Mal zusammen sitzen. Und wenn der Morgen kommt, wird alles anders sein. Wir werden Lissabon hinter uns lassen. Vielleicht für immer.“ Er machte eine Pause, als ob er selbst den Schock dieser Worte verarbeiten musste. Aber seine Miene blieb unbewegt, wie immer. Die anderen spürten es sofort. Die Atmosphäre im Raum veränderte sich. Ein Hauch von Nervosität, ein leises Zucken in den Augen, das sie alle bemühten zu verbergen. Andrés selbst ließ nichts von seinem inneren Sturm erkennen. Er hatte nie viel gegeben auf Sentimentalität. Aber heute war anders. Heute war der Tag, an dem sie sich verabschieden mussten. Und er wusste, dass sie alle diesen Abschied spüren würden. Nicht nur von Lissabon, sondern von allem, was sie kannten. Es war der Schritt in etwas Neues. Etwas, das niemand wirklich kontrollieren konnte. „Das hier“, sagte er, während er langsam den Raum betrachtete, „ist der letzte Akt. Und wenn die Show vorbei ist, wenn der Vorhang fällt, dann wissen wir nicht, was uns erwartet. Aber das wissen wir – keiner von uns wird je wieder der sein, der er heute ist. Also, macht euch bereit. Heute Nacht ist unsere letzte Nacht hier. In Lissabon.“ Er ließ die Worte hängen, wie ein Schatten, der nicht mehr zu entkommen war. Kein Zweifel, kein Zögern. Nur die Gewissheit, dass die Zeit gekommen war, die Dinge zu ändern. Langsam erhob er sich von seinem Platz und richtete sich auf, als wäre dieser Moment nur ein weiterer Schritt in einem langen Spiel, das er zu führen wusste. „Die Show muss weitergehen“, murmelte er noch, mehr zu sich selbst als zu den anderen. „Und dann sehen wir weiter.“ Die anderen schwiegen, aber in ihren Blicken lag das Wissen. Die Unruhe, die in der Luft schwebte, war nicht mehr zu leugnen. Heute war der Tag, der alles verändern würde. Und sie würden diesen Schritt nicht ohne Folgen gehen.

    Es war die letzte Nacht in Lissabon. Und es war der Beginn von allem, was noch kommen würde.

  • Sphene ließ den Löffel in ihrer Tasse klirren, als das letzte Echo von Andrés’ Worten verklang. Sie blieb reglos sitzen, den Blick auf ihr Kaffee-Wrack gerichtet, während ihr Herz auf einmal schneller schlug. Dann richtete sie sich auf, nahm den Schluck, den sie längst hätte trinken wollen, und stand langsam auf. „Du klingst, als würdest du schon Nägel mit Köpfen machen, Andrés“, begann sie, die Stimme leise, aber bestimmt. Sie trat ans Fenster, stellte sich neben ihn, ohne ihn direkt anzusehen. „Letzte Nacht in Lissabon, letzter Akt, großer Abschied…“ Ihr Ton hatte etwas Verspieltes, fast spöttisches in sich, doch in ihren Augen blitzte Sorge auf. „Glaubst du wirklich, dass man einmal ‚Show‘ sagt und dann einfach zu echten Menschen wird?“ Sie drehte sich zu ihm um, die Arme verschränkt, den Überwurf ihres Hemds fest umklammert. „Ich werde dir nie verzeihen, wenn du mich hier zurücklässt, ohne dass wir noch einmal zusammen auf diesen Dächern sitzen und über all den Unsinn lachen, der uns bis hierher gebracht hat.“ Ein kurzes Lächeln huschte über ihre Lippen, als wollte sie die Gefühle wegwischen, bevor sie zu grell wurden. „Aber… ich folge dir trotzdem. Weil ich weiß, dass du immer weitergehst, und ich dummerweise nicht anders kann, als mit dir Schritt zu halten.“ Sphene trat näher, legte eine Hand an seinen Ellbogen – eine Geste zwischen Freundschaft und etwas, was sie selbst kaum auszusprechen wagte. „Also gut, Maestro: Wenn das hier der letzte Vorhang ist, dann lass uns wenigstens dafür sorgen, dass er episch wird. Und…“, sie zögerte einen Moment, „…wenn wir morgen früh aufwachen, dürfen wir vielleicht alle ein bisschen ändern. Aber heute Nacht gehören wir noch Lisboas Lichtern und dem Geruch von Meer und Altstadt. Verstanden?“ Beim letzten Wort blitzte Entschlossenheit in ihren Augen auf, dann ließ sie seinen Arm los und setzte sich wieder – dieses Mal mit mehr Gewicht auf ihren Stühlen und einem Versprechen, das sie nicht in Worte fassen musste.

  • Andrés’ Blick blieb unbeweglich auf den Horizont gerichtet, während Sphenes Stimme sich durch den Raum schlich – leise, fast zaghaft, und doch durchdringend wie ein Lied, das man nicht aus dem Kopf bekommt. Ihre Worte hinterließen feine Risse auf der makellosen Oberfläche seiner Selbstbeherrschung. Er hörte sie. Natürlich hörte er sie. Er hörte sie immer – selbst dann, wenn er sich selbst glauben machte, dass er meilenweit entfernt war. Aber Andrés war ein Mann der Bühne. Und auf der Bühne zeigt man nicht, was in einem tobt.

    Kein Muskel in seinem Gesicht verriet die Erschütterung, die durch ihn ging. Keine Bewegung, kein verräterisches Zucken. Nur ein flüchtiges Flackern in seinen Augen – kaum wahrnehmbar, aber für einen Herzschlag lang sichtbar. Vielleicht hatte sie es gesehen. Vielleicht war sie die Einzige, die ihn je wirklich gesehen hatte. Als sie sich neben ihn stellte, so nah, dass ihre Präsenz ihn wie eine warme Welle streifte, spürte er das vertraute Ziehen in der Brust. Zu nah. Und doch nicht nah genug. Es war ihr Tanz – ein Spiel auf Messers Schneide zwischen Nähe und Entzug. Und diesmal war es sie gewesen, die einen Schritt weiter gegangen war. Näher. Direkter. Ehrlicher. Und das war gefährlich. Er sah sie nicht an. Nicht, weil er es nicht wollte. Sondern, weil er wusste, dass er es nicht konnte, ohne etwas zu verlieren, das er sich über Jahre aufgebaut hatte. „Du klingst, als würdest du schon Nägel mit Köpfen machen, Andrés“, hatte sie gesagt. Und jedes einzelne dieser Worte hatte sich angefühlt wie ein Tropfen auf glühender Kohle – zischend, eindringlich, nicht ignorierbar. Seine Finger ruhten auf der Fensterbank, angespannt unter dem Mantel äußerer Ruhe. Keine Mimik verriet ihn. Keine Antwort kam sofort. Nur diese kunstvoll gewahrte Fassade, diese Maske aus Ironie, Eleganz und sorgfältig kaschierter Müdigkeit.

    „Weißt du, Sphene…“ Seine Stimme war schließlich ein feiner Klangteppich – samtweich, leicht rau, durchzogen von jener Müdigkeit, die bei ihm nie nur Erschöpfung war, sondern oft auch Schutzschild. „Menschen reden immer vom letzten Vorhang, als wäre das der Moment, in dem alles vorbei ist. Aber das Publikum? Das ist dann meistens schon längst gegangen.“ Er wandte sich zu ihr, langsam, fließend – so, als wäre er in einem Film, in dem jede Szene perfekt sitzen musste. Der Ellbogen legte sich wie zufällig ans Fensterbrett, sein Blick wirkte ungerührt, fast entspannt. Doch unter dieser Oberfläche – tobte es. „Du willst noch einmal auf die Dächer? Über all den Unsinn lachen?“ Seine Lippen zuckten zu einem halben Lächeln, schief, schwer zu deuten. „Lachen ist Luxus, cariño. Und Luxus ist selten ehrlich. Wir wissen das beide.“ Dann – endlich – traf sein Blick den ihren. Für einen Augenblick nur, kurz wie ein Luftzug, doch darin lag mehr, als ein ganzes Gespräch hätte sagen können. Da war ein Ich sehe dich, ein Ich wünschte, ich könnte und ein Bitte frag mich nicht, warum ich es nicht tue.

    „Wenn du mir folgst…“ Er sprach leise, beinahe zärtlich, und doch lag ein unausweichlicher Ernst in seinen Worten. Eine Grenze, die er zog, obwohl sein Herz längst auf der anderen Seite stand. Er griff nach ihrer Tasse – beiläufig, fast dreist – und trank einen Schluck. Ein Zeichen. Eine Geste. Vielleicht ein stummer Wunsch, ihre Nähe auf irgendeine harmlose Weise zu spüren. „…dann besser mit vollem Becher und ohne Erwartungen.“ Der Klang der Tasse, als er sie abstellte, hallte wie ein Punkt in der Luft. „Ich bin kein Versprechen, Sphene. Ich bin ein Weg. Einer, den man geht oder lässt. Aber halten kann man mich nicht.“ Ein Schritt zurück. Mehr zu sich selbst als zu ihr. Um Raum zu schaffen, den er eigentlich nicht wollte. Doch er sprach weiter, mit der Leichtigkeit eines Mannes, der gelernt hatte, große Gefühle in große Worte zu kleiden, um sie nicht fühlen zu müssen. „Aber du hast recht. Heute Nacht… gehört uns. Dem Flimmern der Straßenlampen. Dem Salz auf der Haut. Dem verdammten Gefühl, dass alles möglich ist. Wir sind noch hier – für einen Moment. Und wenn wir morgen weiterziehen…“ Er hob leicht die Schultern, „…dann soll Lissabon uns verfluchen, weil wir es zu schön gemacht haben, um uns zu vergessen.“ Sein Blick wanderte durch den Raum, der so vertraut war und doch bereits fremd wirkte. Stimmen, Geschirrklirren, halbfertige Koffer. Ein letzter Morgen in einer Stadt, die ihnen nie ganz gehört hatte – aber die sie für eine Weile zu ihrer Bühne gemacht hatten.

    Und dann geschah etwas Unerwartetes. Andrés trat näher an sie heran, nahm ihre Hand – fest, aber ohne Druck – und zog sie zu sich. Mit einer fließenden Bewegung ließ er sie sich einmal im Kreis drehen, genau wie er es immer tat, wenn er sie zum Tanzen aufforderte, ohne sie zu fragen. Eine Geste, alt wie ihre Geschichte. Intim. Verspielt. Und doch voller Schwere. „Heute Nacht… möchte ich dich in deinem schönsten Kleid sehen, Amado mío“, murmelte er, seine Stimme kaum mehr als ein Hauch gegen ihre Stirn. „Und mit dir ein letztes Mal über den Dächern Lissabons tanzen.“ Sein Lächeln war charmant. Souverän. Unverschämt wie immer. Und doch schimmerte etwas darin durch, das weder Maske noch Rolle war. Etwas Echtes. Dann löste er sich von ihr, sanft, fast zögerlich. Und mit dem geschmeidigen Schritt eines Mannes, der wusste, dass er nie ganz greifbar sein durfte, drehte er sich um und ging. Den Flur entlang. Zurück in sein Zimmer. Zurück in seinen Kokon aus Stil, Strategie und Schweigen. Aber Sphene wusste längst, was niemand sonst wusste: Er hatte sie gehört. Nicht nur mit den Ohren. Sondern mit dem Teil seines Herzens, den er vor der ganzen Welt verbarg. Und draußen, über der alten Stadt, begann leise ein Tag, der nicht wie die anderen war. Ein Tag, der Dinge mit sich brachte, die keine Planung vorhersehen konnte.

    Ein Tag, an dem die Legenden geboren wurden.

  • Dune 21. April 2025 um 15:13

    Hat das Label +18 hinzugefügt.
  • Dune 21. April 2025 um 15:13

    Hat das Label KI-Texte hinzugefügt.
  • Sphene verharrte einen Moment lang still, die Tasse noch in der Hand, während Andrés’ Schritt verhallte. In ihrem Brustkorb pendelte das Echo seiner Worte nach – ein leises Pochen, das sich zwischen Entschlossenheit und Unsicherheit bewegte. Dann legte sie die Tasse behutsam auf den Sims, als wolle sie damit den Raum markieren, den er zurückgelassen hatte, und zugleich ihre Entschlossenheit bekräftigen. Sie drehte sich langsam um, ihre Augen glühten im schwachen Licht des frühen Morgens. In ihrem Blick lag jene Mischung aus Verspieltheit und Ernst, die er nur zu gut kannte. Sphene hob das Kinn, spürte, wie ihr Herz sich wehrte, gleichzeitig aber auch leichter wurde. Sie wusste, dass sie ihn folgen würde – nicht aus Blindheit, sondern weil sie im Ungewissen jene lebendigste Wahrheit fanden.
    „Andrés“, begann sie, ihre Stimme sachte, aber fest, „du bist kein Versprechen, und doch bist du mein größtes Abenteuer.“ Sie trat näher an die Fensterbank heran, streckte die Hand nach der flackernden Laterne draußen und schien darin ihr Spiegelbild zu suchen. „Vielleicht verlierst du mich irgendwann zwischen all den Vorhängen deines Lebens. Aber bis dahin tanze ich jeden Schritt mit dir – als Narr und Königin zugleich.“ Ihre Lippen zogen sich zu einem schiefen Lächeln, und für einen Augenblick blitzte wieder dieses hell brennende Feuer, das er in ihr so sehr liebte. Sie ließ den Blick über die Koffer und das verstreute Geschirr gleiten, als sei es das Bühnenbild eines letzten Akts. Sphene hob die Hand, als wolle sie die Szene dirigieren, und flüsterte: „Heute Nacht gehört uns die Stadt. Den Dächern schenken wir unser Lachen, den Straßenlampen unsere Träume. Morgen mag kommen, was es will, doch dieser Augenblick ist unschlagbar.“ Mit einem entschlossenen Atemzug setzte sie nach: „Und wenn Lissabon uns verflucht, wird es nur noch lauter nach unserer Geschichte rufen.“ Dann drehte sie sich um, die Türe hinter Andrés sichtbar im Halbdunkel. Ihre Stimme senkte sich zu einem warmen Versprechen: „Zieh mich durch diese Nacht, und ich folge dir ins Ungewisse – mit vollem Becher und offenen Augen.“ In diesem Augenblick war Sphene mehr als nur Begleiterin: Sie war ein kraftvoller Gegenpol zu seinem Schweigen, das stehende Wasser, das er so sorgsam gehütet hatte. Und während Lissabons erste Straßenreiniger durch die Gassen glitten, wusste sie, dass ihr Tanz längst begonnen hatte – weit über das Ende seiner letzten Szene hinaus. Es war der Beginn von etwas großem, aber auch das Ende von einem Kapitel in Sphene's Leben. Kann sie ihn festhalten oder wird er gehen?

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    Es war bereits Abend, als die Diebe sich in Bewegung setzten – auf ihrem Weg in Verderben oder in jene strahlende Zukunft, die sie sich selbst erkämpften, weil man sie ihnen verweigert hatte. Sphene stand in Reserve, ihre Magie wie gespannte Sehnen bereit, während Lararus unbemerkt den Schmuck von Damen und Herren entwendete und lautlos im Schatten verschwand. Andrés hingegen spielte den charmanten Verführer, ließ die Gäste der Gala schwindelig flirten und entriss ihnen mit einem schelmischen Lächeln ihre Wertsachen. Heute waren ihre Klingen schärfer, ihre Ablenkungsmanöver perfekter denn je. Jeder Winkel der Menge der Mortalien wurde ausgeleuchtet, und die Verwirrung funktionierte wie ein präzise gestimmtes Uhrwerk. Sphene und Iris hielten sich am Rande des Geschehens verborgen, beobachteten die Crew bei ihren kunstvollen Raubzügen auf der glitzernden Bühne dieser Nacht. Doch in Sphenes Augen lag kein Triumph – nur ein undefinierbares Leuchten, als habe sie ein Stück von sich selbst geopfert, um in dieser Welt, die Andrés für sie errichtet hatte, endlich dazuzugehören. Sie ließ sich lenken, drehen und wenden wie eine Marionette an unsichtbaren Fäden, und spürte dabei, wie ihr Herz in Widerspruch geriet. Iris bemerkte die Veränderung sofort. Mit einem freundlichen Stoß gegen ihren Arm holte sie Sphene ins Hier und Jetzt zurück. „Alles in Ordnung, Iris?“, erwiderte Sphene und zwang sich zu einem Lächeln, das ihre Zweifel nur notdürftig verbarg. Iris grinsend: „Du machst dir Gedanken, oder?“ Sphene fuhr sich durch die Haare, ein kurzes Zögern in ihrer Haltung. „Ein wenig.“ Iris legte den Kopf schief. „Du denkst, nach dem heutigen Abend ist alles vorbei?“ Ein letztes Mal blickte Sphene hinüber zu Andrés, der im Lichtspiel der Kronleuchter verschwand, und nickte dann langsam. „Vielleicht.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch in ihr lag die ganze Schwere dieser Nacht. Während die letzten Töne des Gala-Orchesters verkauerten und die Diebe ihre Beute sicherten, wusste Sphene, dass dieser Abend ihr letzter sein würde. Und mit jedem Herzschlag fragte sie sich, ob es noch eine Chance für sie gab – für ihre Gefühle, für die enigmatische Verbindung zu Andrés. Doch bevor sie den Gedanken zu Ende denken konnte, ließ sie die Frage los und tat, was getan werden musste: Sie trat wieder einen Schritt zurück, um ihre Magie wirken zu lassen, und tauchte in das funkelnde Durcheinander der Nacht ein, so bereit wie nie zuvor. Sie hatte Andrés nicht aus den Augen gelassen, denn bald würde auch die große Zaubershow stattfinden. Eine gigantische, magische und keiner der Mortalien würde wissen, was passiert ist, bis es zu spät ist.

  • Andrés stand nur einen Atemzug entfernt vom Trubel des Ballsaals, verborgen im Spiel aus Licht und Schatten. Die goldenen Reflexe der Kronleuchter tanzten auf seinem Gesicht, verwoben mit der kühlen Ruhe in seinen Augen – Augen, die mehr sahen, als er je zugeben würde. Er bewegte sich wie ein Gedicht, das man nicht laut lesen darf, geschmeidig, elegant, verführerisch. In jeder Geste lag Berechnung, und doch: Es war nicht bloß Täuschung, was er den Menschen zeigte. Nicht immer. Er spürte Sphenes Blick, noch bevor sie ihn traf. Es war, als würde ihr Herz an einem unsichtbaren Band ziehen, das zwischen ihnen gespannt war, seit jenem ersten Moment, in dem sie sich begegnet waren – in jenem vergessenen Sommer, zwischen flüchtigen Lügen und echter Nähe. Er drehte sich nicht um, doch er wusste, dass sie dort stand, am Rand der Menge, mit diesen Augen, die stets mehr sahen, als er zeigen wollte. Andrés hatte viel verloren in seinem Leben. Familie. Namen. Zugehörigkeit. All das hatte er hinter sich gelassen, um neu zu beginnen. Um nicht mehr der zu sein, den andere aus ihm machen wollten. Er hatte seine eigenen Regeln erschaffen – und jene kleine Crew aus Dieben, Täuschern und Verlorenen, die ihm folgten, war sein Werk, sein Königreich. Sphene war sein Kronjuwel. Aber in letzter Zeit hatte sich etwas verändert. Ihre Magie war stärker geworden, ja. Präziser, kontrollierter. Aber ihre Augen – ihre Augen flackerten, als brächten sie Zweifel zum Vorschein, die Andrés nicht einordnen konnte. Und doch kannte er die Antwort. Natürlich. Er hatte sie angelogen. Nicht mit Worten – sondern mit Schweigen. Mit der Wahrheit, die er ihr nicht gesagt hatte. Über den Plan dieser Nacht. Über das, was nach der Zaubershow kommen sollte. Dass es keine Wiederholung mehr geben würde. Dass dieser letzte Coup nicht nur ein Trick war, sondern ein Abschied. Während das Orchester die letzten Akkorde ausklingen ließ und der Applaus wie ein ferner Sturm durch die Halle rollte, trat Andrés einen Schritt zurück. Ein letzter Blick auf die flackernden Kerzen, auf die betörte Gesellschaft, die nichts ahnte. Dann drehte er sich langsam um. Durch das Gewirr aus Farben und Gesichtern fand er sie – Sphene. Sie stand aufrecht, bereit, wie immer. Ihre Silhouette war fest, doch ihre Magie zitterte leicht in der Luft. Es war das Beben von jemandem, der die Richtung kennt, aber nicht weiß, ob der Weg noch der richtige ist. Er trat näher, mit einem Blick, der mehr sagte als Worte je könnten. Nicht laut. Nicht aufdringlich. Aber echt. Und als sie ihn ansah, erlaubte er sich für einen kurzen Moment, schwach zu sein. Offen. „Wenn dies der letzte Abend ist,“ sagte er schließlich, leise, fast mehr zu sich selbst als zu ihr, „dann nur, weil wir ihn so gewählt haben. Nicht, weil die Welt uns dazu gezwungen hat.“ Sie antwortete nicht sofort, aber ihre Magie vibrierte wärmer, kontrollierter. Fast zärtlich. Undrés wusste, was auf sie zukam. Die Zaubershow – das wahre Finale – würde die Welt der Mortalien erschüttern. Nicht bloß ein Raub. Ein Verschwinden. Eine Wahrheit, so groß, dass sie nur in einem einzigen, perfekten Moment existieren durfte, bevor sie zu Staub wurde. Er wusste nicht, ob Sphene ihm noch folgte. Ob sie ihm jemals wirklich gefolgt war – oder nur sich selbst, auf einem Pfad, den sie in seinem Schatten gesucht hatte. Aber er wusste, dass sie jetzt ihre Entscheidung treffen würde. Heute Nacht. Zwischen dem Licht der Lüge und dem Dunkel der Freiheit. Und wenn sie ging? Dann würde er sie nicht aufhalten. Aber bis dahin – war sie noch da. Und das war mehr, als er je verlangt hatte.

  • Sphene stand am Rand des Geschehens, ihre Augen fixiert auf das bunte Chaos der sich verändernden Lichter und tanzenden Schatten. Der Saal war erfüllt von der pulsierenden Energie der Zaubershow, der feinen Grenze zwischen Magie und Illusion. Die Musik spielte, ein Crescendo, das den Raum mit einer düsteren Erwartung erfüllte. Doch in Sphene war nichts mehr von der gewohnten Leichtigkeit zu spüren, die die Show sonst immer mit sich brachte. Alles wirkte irgendwie unscharf, als ob der Schleier der Täuschung, den sie immer so meisterhaft gewoben hatte, plötzlich durchlässig geworden wäre. Iris, die an ihrer Seite stand, beobachtete sie aufmerksam. Die Spannung zwischen ihnen war spürbar, als wäre die Luft selbst von dieser stillen Kommunikation durchzogen. „Du solltest dich entspannen, Sphene. Du bist stärker als das.“ Iris’ Stimme klang ruhig, fast sanft, doch Sphene konnte den sorgenvollen Unterton in ihren Worten hören. Sphene nahm einen tiefen Atemzug, versuchte sich zu fassen. „Es ist nicht das, was du denkst“, antwortete sie schließlich, ihre Stimme leise, fast verloren. „Es ist nicht nur die Show. Es ist das, was danach kommt.“ Iris’ Blick folgte ihren Worten, doch sie sagte nichts. Sie wusste, dass Sphene mehr meinte als nur die letzte Vorstellung des Abends, die sie mit ihrer Gruppe meisterhaft inszeniert hatten. Es war das Ende von etwas – von der Welt, in der sie sich alle bewegten. Sie wusste, dass Sphene den Schatten sah, der über allem lag. Doch Sphene musste sich selbst die Entscheidung abnehmen, die nicht in den Plan passte. „Und du?“, fragte Iris schließlich, als hätte sie Sphene durchschaut. „Wirst du diesen Weg weitergehen?“ Sphene schloss die Augen. Ihre Hand zog sich leicht zusammen, als sie die Kontrolle über die Magie um sich herum spürte. Der Zauber, der sie umgab, vibrierte in der Luft, ein leises, tiefes Knistern, das sie beinahe durchdrang. „Ich bin nicht sicher, ob ich noch den gleichen Weg gehe, Iris. Aber was bleibt, wenn wir alles verlieren?“
    „Ich dachte, du willst das alles. Diese Welt, das Leben, das du gewählt hast“, erwiderte Iris, eine Spur von Nachdenklichkeit in ihrer Stimme. „Ich habe es mir genommen, Iris. Doch jetzt…“ Sphene ließ die Worte ungesagt, der Raum um sie wurde stiller, als sie sich in der Menge verlor. Es war nicht die gleiche Sphene, die sie einmal gekannt hatte. Der Zweifel hatte sich wie ein scharfer Stich in ihr Herz gebohrt. Der Plan der Nacht, der große finale Coup – er war mehr als nur ein Trick. Es war ein Spiel mit der Wahrheit, ein Verrat. Doch nicht alle, die an diesem Spiel teilnahmen, wussten um den Preis. Die Bühne vor ihr begann sich zu verändern, Lichter blitzten auf, eine prächtige Choreografie von Täuschung und Zauber. Die erste Illusion setzte ein – ein Rausch von Farben, die die Luft durchzogen, und das Publikum hielt den Atem an, gebannt von der Kunstfertigkeit der Magie, die so perfekt inszeniert war. Der Saal schien zu vibrieren, als sich die Welt der Mortalien mit der der Zauberei verband. Und inmitten dieses Spiels aus Licht und Schatten stand sie – bereit, ihren Teil zu vollenden. Sphene streckte die Hand aus, und die Magie reagierte, wie sie es gewohnt war. Sie fühlte die gewohnte Wucht der Zauberkräfte, die durch ihren Körper flossen, als sie sie aufnahm und dann in den Raum entließ. Es war ein Spiel aus Kontrolle und loslassen, aus Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Ein flimmerndes Bild, das über der Bühne schwebte, als würde die Luft selbst lebendig werden. Die Luft um sie begann zu flimmern, als die ersten Funken der Illusion begannen, in den Raum zu schießen. Der Übergang war fließend – wie der Moment vor einem Sturm, wenn die Luft sich verdichtet und jeder Atemzug sich in eine Entscheidung verwandelte. Es war nicht mehr nur eine Vorstellung. Es war eine Wahrheit, die der Täuschung standhalten musste. In einem einzigen Augenblick war die Realität der Lüge so nahe, dass sie sich beinahe überschnitten. Der Fluss von Sphene’s Magie ließ die Grenze zwischen der Illusion und der Wahrheit verschwimmen, als der erste Zauber vollendet war und das Publikum erneut in stummem Staunen versank. Sphene wusste, dass die Entscheidung nun unausweichlich war. Sie konnte nicht länger in dieser Welt der Lügen leben, selbst wenn sie der einzige Weg war, den sie gekannt hatte. Der Zauber, den sie in dieser Nacht webte, war mehr als nur Magie. Es war ein letzter Akt der Freiheit. Ein letzter Versuch, die Kontrolle über ihr Schicksal zurückzugewinnen. Der Applaus brach aus, das Publikum bejubelte das, was sie für Kunst hielten. Doch für Sphene war es mehr als nur der Abschluss eines Spiels. Es war der Beginn von etwas, das sie längst nicht mehr verstand. Der Raum füllte sich mit Licht, und in diesem Licht begann sie zu verschwinden – nicht körperlich, sondern in ihrem Innersten. Der Weg vor ihr war unklar, aber es war der einzige, den sie noch gehen konnte.