Killian erklomm die Sprosse und sprang schon über die nächste drüber hinweg, kam geflissentlich auf dem Boden auf, rannte los und überwand das nächste Hindernis, bevor er an durch seinen Sprung an der Wand landete, an dessen Einbuchtungen er sich nach oben kletternd hangelte. Sein Körper war gerade auf Höchstleistungen und so machte er den Parcour immer weiter. Besser war es, denn er wusste, dass sein Vater in der Nähe war und ihn beobachtete, wie er das Training absolvierte. Killian wusste, wenn er sich einen Fehler in diesem Training erlaubte, würde es nachher Ärger geben. Schon seit Jahren lernte er bis zur stärksten Erschöpfung, lernte seine Magie passgenau zu nutzen, wie auch jetzt! Seine Hand griff zur nächsten Einbuchtung, während seine Augen aufleuchteten und er einen Schwung unter seinen Füßen spürte, den er nutzte, um über die Wand zu springen und auf der anderen Seite auf dem Boden zu landen. Seine Magie war bereits vorbei, als er den oberen Rand der Wand erreicht hatte.
Killian hatte eine Heterochromie in seinen Augen, sein linkes Auge war goldenfarben, sein rechtes Auge war ein wunderschönes meerblau, die natürliche Augenfarbe seiner Mutter. Er kannte nur die goldenen Augen seiner Mutter, da sie eine Drachenmagierin war, in der sich der Drache des Lebens befunden hatte, aber vor dieser Übernahme hatte sie meerblaue Augen besessen. Killian selbst hatte ein goldenes Auge, da er seit ihrem Tod die Hälfte des Drachen des Lebens in sich trug. Seine Zwillingsschwester, Killia, besaß die andere Hälfte. Sie hatte ein rechtes goldenes Auge und ein linkes grünes Auge, die Augenfarbe ihres Vaters. Eine Einschränkung hatten sie dadurch nicht, aber es sah manchmal seltsam aus, weshalb nichtmagische Menschen sie manchmal seltsam ansahen.
Gedankenversunken im Training landete Killian schließlich vor dem letzten Hindernis, einer Erscheinung eines Dämons. Während er landete, erschien schon eine lilafarbene Flamme in seiner rechten Hand, welches er mit einer lockeren Handbewegung auf den Dämon warf. Dieser schrie auf und ging in Flammen auf, bevor er nach und nach zu Staub zerfiel. Natürlich war es kein echter Dämon, sondern nur eine Erscheinung, die sich für das Training immer mal materialisierte, ohne dass man wusste, wo sie erscheinen würde und diese griff auch gerne an. Am Anfang seiner Ausbildung hat diese stierartige Gestalt, welche wie ein Mensch auf den Hinterbeinen stand, ihn des Öfteren auf den Boden befördert.
"Brüderchen, das war einsame Klasse!", hörte er das Lob seiner Schwester. Killians Blick richtete sich auf sie. Killia war genauso wie er 24 Jahre alt, sie war ein paar Minuten jünger. Anders als Killian hatte sie blonde lange Haare, die Haare ihrer Mutter. Er selbst hatte schwarzes kurzes Haar, er ging davon aus, dass es die Haarfarbe seines Vaters war. Sie trug heute ihren schwarzen Rollkragenpullover und eine dunkle lange Jeans, dazu ihre schwarzen Stiefel. Er hingegen trug seine Trainingskleidung, ein schwarzes ärmelloses Hemd, eine schwarze Trainingshose und schwarze Turnschuhe.
"Danke dir!", lächelte Killian und lief zu seiner Schwester, nahm sie kurz in den Arm. "Wolltest du heute Abend nicht weg?", fragte er nach und sah sich um, denn er hatte die Anwesenheit seines Vaters gespürt. Dieser kam gerade von der Seite an, ein Mann mit kurzen bereits ergrauten Haaren und grünen Augen. Er trug ein graues zugeknöpftes Hemd, eine Jeans und schwarze Schuhe. Man konnte seine Macht bereits spüren, denn sein Vater war ein hochrangiger Magier mit einigem magischen Talent. Er konnte bereits mit seinen 43 Jahren hochrangige Magie, die andere Magier oftmals erst im Alter von 60 erreichten, aber er hatte sie bereits seit Jahren.
"Das war nicht schlecht, Killian", sagte er ruhig und trat zu ihnen beiden.
"Danke, Vater!", antwortete Killian und neigte seinen Oberkörper leicht nach vorn als Andeutung einer Verbeugung. Er stand als Haupterbe des Clans zwar über seinem Vater, aber er hatte dennoch Respekt vor diesem und nutzte seine Stellung ihm gegenüber nie aus.
"Vater, ich würde heute Abend gerne ins Dorf. Darf ich bitte?" Killia hatte ihn noch nicht einmal gefragt, da sah Killian keine gute Chancen für sie.
"Wenn es nicht zu spät wird, ja! Wenn ich dich suchen muss, war es das letzte Mal." Sein Blick ging zum Himmel hoch, der sich langsam verdunkelte. "Bleib nicht zu lange weg!" Castiel, der Vater der Zwillinge, hatte seiner Tochter noch nie einen Wunsch abschlagen können, bei Killian war das etwas Anderes. Killian blickte die beiden an, folgte deren Gespräch nur stumm. Killia lief danach wieder in das große Anwesen und machte sich fertig, während Castiel bei Killian blieb.
"Die Nachtwache des Dorfes ist ausgefallen, seine Verletzung war doch schlimmer als gedacht. Mutter hat damit alle Hände voll zu tun. Du übernimmst für heute Nacht die Nachtwache im Dorf. Hast du noch genügend magische Energie dafür?" Es war immerhin eine kurzfristige Ansage, weshalb Castiel ihm auch magische Energie reichen konnte, aber Killian nickte.
"Das habe ich, Vater! Ich kümmere mich darum!" Killian sah seinem Vater in die Augen, eine Angewohnheit von ihm um zu wissen, was sein Gegenüber dachte oder vorhatte.
"Gut! Ich bin heute Abend im Dorf bei einem Gespräch. Ich nehme dich mit." Castiel wandte sich bereits wieder ab, hatte kein Bedürfnis noch weitere Details abzusprechen und so blieb Killian erstmal zurück. Ein Seufzen entwich seinen Lippen und er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. "Klar übernehme ich die Nachtwache, auch wenn ich letzte Nacht schon eine hatte!", fluchte er flüsternd. Er konnte gegen den Befehl seines Vaters etwas machen, aber er wollte ihn nicht enttäuschen. Es hatte in der letzten Nacht Ärger mit einem Dämon gegeben und einer der Magier war verletzt worden, eine magisch verseuchte Wunde von einem Dämon, gegen welche Sena mit ihrer Heilmagie vorging, aber sie war auch nicht Gott.
Es war bereits dunkel, als sich Castiels und Killians Wege im Dorf trennten. Castiel ging - begleitet von einem Magier - in die Kirche, während Killian sich keine weiteren Gedanken mehr machte und seinen Weg fortsetzte. In einer Innentasche seiner schwarzen Jacke befanden sich zwei magisch veränderte Kampfmesser, die einzigen Waffen, die er heute bei sich trug. Normalerweise trug er noch eine Pistole mit magisch veränderten Kugeln, aber diese hatte er heute Zuhause gelassen, denn in einem Dorf mit einer Pistole zu schießen, das war keine gute Idee, wenn man unbemerkt bleiben wollte. Während der Nachtwache trugen sie stets dunkle Kleidung, um mit der Dunkelheit in der Umgebung richtig verschmelzen zu können.
Sein Weg führte ihn immer tiefer in das Dorf, als er mit einem Mal stoppte und zu einem Laden blickte, in dem soeben kurz das Licht aufflackerte und dann erlosch. Es war nicht das Licht, das ihn aufmerksam werden ließ, sondern die Präsenz, die er spürte. Dort war ein Magier, der Magie anwandte, was kein Problem wäre, aber Killian konnte heftige Gefühle spüren und dazu verschleierte Präsenzen.
Killian ging zu dem Laden, legte die Hand an die Klinke und drückte sie herunter. Sogleich erkannte er die Situation, sah die Dämonen und den Mann, über den sich die Dämonen hermachten. Killians rechte Hand, welche mit einem schwarzen Handschuh überzogen war, griff nach einem Messer und warf es. Es war seine Magie, die das Messer perfekt lenkte, die es zwischen die Dämonen hindurch neben dem Kopf des Mannes in die Wand bohren ließ. Sogleich leuchteten Runen auf dem Griff des Messers auf und erzeugten einen lilafarbenen Kreis vor dem Körper des Mannes, in welchem sich verschiedene magische Zeichen befanden und die Dämonen davon abhielten, dem Mann näher zu kommen.
"Habt ihr gerade eure Beute gefunden? Oder wollt ihr mir die Situation anders erklären?", fragte Killian nach. Angst kannte der Dämonenjäger kaum und vor diesen Dämonen hatte er keine Angst. Er kannte ihren Rang nicht, ihre Eingliederung und sie waren ihm auch nicht bekannt, aber das spielte gerade keine Rolle. Sie griffen einen Menschen an und dafür waren sie auf der Liste, es sei denn, sie konnten das hier jetzt erklären. Killians Augen leuchteten blau und golden auf, er zeigte seine eigene magische Präsenz und trat etwas näher in den Laden hinein. "Ihr solltet das Siegel nicht berühren, das tut weh!", warnte er die Dämonen vor. Sollten sie es tun, würden sich lilafarbene Blitze daraus lösen. Es würde die Dämonen nicht töten, aber es würde ihnen einen ordentlichen Schlag versetzen.