Angel face. Devil thoughts.

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    Angel face. Devil thoughts.


    Triggerwarnung: mögl. Mord, Satanismus und satan. Rituale, rauer Umgangston

    Psychological, satanic | Father/Son duo | 2er RPG | Non-Romantic | FKS 18+ (keine Erotik)


    Ich suche hierbei für folgenden Ansatz einen PP. Über alle Einzelheiten können wir gerne privat sprechen, ich bin auch für alle Gegenvorschläge und mögliche Änderungen offen.


    Norwegen*. Schon lange hatte [Vater] dem kleinen Dorf den Rücken gekehrt und sich mit seinem Sohn in die kleine Farm im Wald zurückgezogen, die sie bereits eine Weile besessen und für freie Tage genutzt hatten.

    [Vater] war noch nie sonderlich gesprächig oder leicht im Umgang. Seine Ansichten korrelierten oftmals mit denen seiner Mitmenschen und auch Smalltalk war nicht seine Stärke, sodass er davon absah und sich nur für das Nötigste an Andere wandte. Sein Beruf als Gerichtsmediziner* spielte ihm dabei in die Hände.

    Gemeinsam mit seiner Frau zog [Vater] dem gemeinsamen Sohn groß. Ihr Glück schien perfekt, als ein Schicksalsschlag die Familie entzweiriss und bei dem Vater die Verhaltensweisen ans Licht brachten, die vor Frau und Kind verborgen unter der Oberfläche geschlummert hatten.

    [Vater] wurde gefühlskalt, unberechenbar und verlor den Hang zur Realität. Er hatte schon immer eine gewisse spirituelle Seite, doch die war nun deutlich prägnanter und kaum mehr zu leugnen.

    Von den sie liebenden Menschen abgewandt, zogen [Vater] und Sohn in die kleine Farm. Sie kehrten der Zivilisation den Rücken und gaben sich der ungezähmten Wildnis Norwegens hin. Ihr kleine autarke Farm versorgte sie mit allem nötigen.

    [Vater], der seinem Sohn immer gepredigt hatte Leben zu achten, schien dies im engeren Sinn nur noch auf Tiere anzuwenden. Sein moralischer Schwerpunkt hatte sich verlagert und auch seine Erziehung legte er anders aus. Aus einer liebevollen und verständnisvollen wurde eine unnachgiebige und von strengen Regeln getriebene Erziehung.

    Seinen Hass auf die Menschheit öffnete seiner religiösen Besinnung – dem Satanismus – Tür und Tor. Die Rituale nahmen immer mehr Platz ein und wurden immer blutiger. Auch seinen Sohn, mittlerweile den Kindheitsschuhen entwachsen (mind. 18 J.), hatte all das nicht kalt gelassen und auch er hatte sich immer dunkleren Praktiken zugewandt.


    Zu Beginn unseres RPGs wird der Sohn selbstverständlich erwachsen sein.

    Gesucht wird der Vater, alternativ ginge auch die Mutter. Den genauen Einstieg würde ich mit meinem PP besprechen. Das anliegende Dorf soll von ihren Praktiken natürlich möglichst wenig mitbekommen, eine Idee zum Verschleiern habe ich auch schon!

    Sollte euch etwas nicht passen (oder mehrere Sachen), können wir gerne gemeinsam schauen, wie wir das abändern können!


    *Veränderbar

    Einmal editiert, zuletzt von Riven (17. Dezember 2024 um 10:59)

  • Riven 27. November 2024 um 20:35

    Hat das Label +18 hinzugefügt.
  • EN: RUIN FØR STORMEN

    [EINS: RUHE VOR DEM STURM]

    Ein frisches Scheit fand seinen Weg in den Ofen. Funken sprangen aus der Glut empor, lechzten nach seinen nackten Fingern, doch Magnus ließ nicht zu, dass sie ihn bissen, die kleinen Dämonen, hielt sie mit dem Schüreisen in Schach. Ein lautes Knacken echote aus den Tiefen der Lohe, dann züngelten auch schon die Flammen am Scheit entlang, wuchsen und labten sich gierig am trockenen Birkenholz, verschlangen es in einem lüsternen Inferno. Der Blick des Endvierzigers verlor sich einen Moment lang wie in Trance im Lodern des Feuers, aus dessen Innern ein tiefes Schnurren an ihn herandrang und in die Melodie mit einstimmte, die aus seiner Gurgel drang und von der Magnus nicht genau wusste, woher er sie kannte und warum er das Bedürfnis verspürte, sie zu summen.

    Nach ein paar Augenblicken der mentalen Verrücktheit schloss er die Ofentür wieder und machte sich im fahlen Schein der Öllampen zurück an die Arbeit: Im Schmortopf auf dem Herd hatte die Brühe mittlerweile zu köcheln begonnen, verströmte beim Umrühren das kräftige Aroma von gebratenem Fleisch, Lorbeer, Wacholderbeeren und Thymian; bis in die Ecken der Hütte, gar durch die Ritzen in den Wänden drang der köstliche Duft, verstärkte den Schutzwall aus dicken Tremeln, der sie gegen die unermessliche Weite und subarktische Kälte Alaskas schützte. Es war Mai, doch der Winter hielt sich in diesen Graden lange und die Temperaturen krochen trotz der länger werdenden Tage nur selten über den Gefrierpunkt. Der Mensch besaß kein Fell, dass ihn gegen den eisigen Biss des Nordwinds schützte, sodass er auf einen schützenden Unterschlupf, wie Magnus und sein Sohn ihn sich hier draußen errichtet hatten, angewiesen war. Mit Luxus hatte das Wohnen im Blockhaus inmitten der Wildnis zwischen hohen Nadelbäumen zwar wenig zu tun, doch mittlerweile hatten sie herausgefunden, wie sich selbst hier – in der totalen Abgeschiedenheit – ein wenig rustikale Behaglichkeit ins Leben rufen ließ.

    Magnus nahm einen großen Holzlöffel zur Hand, tauchte ihn in die eingedickte Flüssigkeit und führte ihn sich anschließend vorsichtig an die Lippen. Genussvoll ließ er sich das faserige Schulterfleisch der Elchkuh, die sie vor ein paar Tagen erlegt hatte, zusammen mit den buttrigen Pastinaken auf der Zunge zergehen, währenddessen sich das erdig-süße Geschmacksbouquet der Hjortegryte in seinem Mundraum und mit ihm eine wohlige Wärme in Magnus’ Mitte ausbreitete. Sündhaft gut. In einem anderen Leben hätte er sich vielleicht als Koch versuchen können.

    Die Tür zur Hütte wurde aufgestoßen, eine klirrendkalte Böe, begleitet von einem Schwall kleiner Eiskristalle, durchschnitt die wirtliche Gemütlichkeit der guten Stube. Die Öllampe in der Ecke flackerte; zitternde Schatten tanzten über die Wände. Magnus Blick folgte ihnen, seine gesamte Körperhaltung plötzlich angespannt. "Lukk døren, Laurits, det trekker"1, wies er den schlaksigen Siebzehnjährigen im Türrahmen knapp über die Schulter hinweg an, ohne sich zu ihm umzudrehen. Kaum dass der Junge seiner Anweisung nachkam, hörte die Flamme im Eck auf zu tanzen und das Schemenspiel an der Wand erstarb. Der Nacken des hochgewachsenen Norwegers entspannte sich, seine Lippen gewährten dem angehaltenen Atem Durchlass. Kaum merklich gab er sich einen Ruck, schmeckte ein letztes Mal den Eintopf mit Salz und Pfeffer ab, legte die Kelle dann beiseite: "Sett deg, vi skal spise snart."2 Magnus griff nach zwei tiefen Holztellern im Regal an der Wand, füllte beide bis zum Rand mit Elchgulasch. Den einen Teller stellte er seinem Sohn hin, nachdem dieser Platz genommen hatte, befreite mit der leeren Hand gleich unsanft Laurits’ blondes Haupt von der Wollmütze, die dieser wohl vergessen hatte, abzulegen, ehe er sich ihm gegenüber an den Tisch setzte. Erst dann reichte er Laurits einen Löffel. Dabei trafen sich die Blicke von Vater und Sohn ein erstes Mal, seitdem Laurits die Hütte betreten hatte.

    Magnus musterte seinen Sohn einen Moment lang stumm, beobachtete den Jungen dabei, wie er sich die Suppe in den Mund löffelte, bevor er selbst auch zu essen anfing. Es dauerte noch einmal einige Sekunden, eher er zwischen zwei Bissen fragte: "Hat sich Skalli benommen?" Die Rede war von einem der Schlittenhunde, die sich draußen in ihren Zwingern soeben dank Laurits ihren Abendfrass schmecken ließen. Skalli war der Neuzugang im Rudel, und zeitgleich das launische Problemkind, ein Hybride mit vergleichsweise hohem Wolfsanteil, mehr wild als zahm, zu schlau für sein eigenes Wohl und zu aggressiv, als dass sich das lokale Tierheim getraut hätte, ihn zu vermitteln. Hätte Magnus sich auf Laurits Bitte hin nicht seiner angenommen, der Rüde hätte am Tag darauf die Spritze gesetzt bekommen. Etwas in den gelben Augen hatte das Tier vor diesem Schicksal bewahrt. Doch in Dankbarkeit musste sich der Halbwolf noch etwas üben, stellte sich heraus.

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    1 "Tür zu, Laurits, es zieht."

    2 "Setz dich, wir essen gleich."

    2 Mal editiert, zuletzt von Jinx (8. Dezember 2024 um 23:01)

  • Eisiger Wind peitschte dem Blondschopf ins Gesicht. Dieser hatte den feinen Puderschnee aufgewirbelt und warf ihn geschmeidig durch die Luft. Schweren Schrittes stapfte Laurits durch den kniehohen Schnee zurück in Richtung Hütte. Üblicherweise hatten sie Wege freigeschaufelt, die ihnen einen schnellen Zugang zu den Zwingern und Stallungen ermöglichte, doch der starke Schneefall in den letzten Stunden hatte all die Vorbereitung zunichtegemacht und diese beinahe vollständig wieder zugeschüttet.

    Die Tiere waren weggesperrt, um sie vor der Kälte zu schützen. In den Stallungen waren sie vor Wind und Wetter geschützt, spendeten einander Wärme. Sie waren ebenso sicher vor Fressfeinden wie Bären, die hier draußen gerne ihr Unwesen trieben. Für Neuzugänge war dies stets schwierig, doch die Alternative war für viele Tiere ein schmerzhafter Kältetod oder sich in den Fängen eines gefräßigen Bären wiederzufinden. Dafür hatten sie, sobald im Frühsommer die Temperaturen ausreichten, uneingeschränkten Zugang zu Weiden.
    Die letzte Stunde hatte er damit zugebracht dem Neuzugang Skalli, einer ungezügelten Mischung, sein Abendessen vorzusetzen. Die anderen Hunde hatten anstandslos gewartet, bis er mit den Näpfen an sie herantrat und ihnen das Kommando zu fressen gab. Lediglich Skalli war jedes Mal, wenn er mit dem Napf an ihn herantrat, vor Freude an ihm hochgesprungen und hatte ihn dabei das ein oder andere Mal von den Beinen gerissen. Nach einiger Zeit begann er sich zurückzunehmen, sodass er es für heute dabei beließ und den Napf vor ihm abstellte. Er war neu im Rudel, kannte die Gepflogenheiten nicht und war ein anderes Leben gewohnt, von daher war dies bereits ein großer Fortschritt. Laurits war sich bewusst, dass er dieses Spiel in den nächsten Wochen täglich bestreiten müsste, wenn er ihn Gehorsamkeit lehren wollte.

    Während der Rüde fraß, ließ er sich vor den Zwingern auf einer Holzkiste nieder und ließ die Gedanken schweifen. Immer wieder kehrten seine Gedanken zurück zu dem Moment, an dem die scharfe Klinge den Brustkorb der Frau durchstieß und ihr lautes Schreien mit einem Mal erstickte. Das Adrenalin, welches durch seine Adern gerast war, hatte ihn gen Himmel emporgehoben. Noch nie hatte er sich so mächtig und unzerstörbar gefühlt. Der süße Geschmack des Sieges, das Gefühl von Überlegenheit. Noch immer trieb ihm der Gedanke daran ein breites Grinsen ins Gesicht.

    Die junge Frau, die er vor einigen Tagen einige Kilometer auswärts entsorgt hatte, entdeckte er zuvor, während er mit seinem Vater in der Stadt unterwegs gewesen war. Eine Touristin, die eigentlich nur deshalb in das angrenzende kleine Dorf gekommen war, um die abgelegene Schönheit der alaskischen Kleinstädte zu bewundern. Es hatte sich einfach ergeben. Üblicherweise war bei ihnen nie viel los, doch in den Wintermonaten, wo die angrenzenden Straßen zugefroren und nicht befahrbar waren, erstarb die kleine Ortschaft beinahe. Niemand würde eine Frau vermissen, die offensichtlich nicht mit den Witterungsbedingungen bei ihnen umgehen konnte.

    Finden würde man eine junge Frau, vielleicht Anfang 30. Sie hatte einen kurzen, braunen Bob, der ihrem Gesicht schmeichelte und trug, zumindest als er sie für die Bären zum Fraß zurückließ, noch ein grünes, langärmliges Oberteil, eine grüne Weste und eine beige Winterjacke. All das war bereits wenige Sekunden, nachdem er das Messer das erste Mal in den geschundenen Leib gestochen hatte, mit Blut vollgesogen gewesen. Offenbar hatte sie das alles in einem Laden für Outdoor-Bedarf besorgt. Der Gedanke daran, wie sie verängstigt versuchte mit ihrer Umgebung einzublenden und ihn so zu täuschen und all das in solch auffälliger Kleidung ließ ihn schmunzeln. Es kam nicht selten vor, dass er mal Stunden Zeit für sich fand, ohne das sein Vater Nachfragen stellte und so konnte er sich alle Zeit nehmen, um die junge Frau zu jagen und brutal abzuschlachten.

    Erst das metallene Klirren des Napfes rissen ihn aus seinen Gedanken. Das Gefühl von Überlegenheit, welches sich allein durch die Erinnerung an seine Taten wieder hervor geschlichen hatte, begann langsam abzuebben. Das zufriedene Schmunzeln ebenso. Laurits drückte sich von der Kiste ab und erhob sich. Stumm betrat er den Zwinger des Neuzugangs und nahm ihm den Napf ab, wobei er ihm liebevoll den Kopf kraulte. Wieso konnten Menschen nicht mehr wie Tiere sein? Dann wäre alles leichter. Ein leises Seufzen entwich seinen Lippen, als er mit diesem Gedanken die Tür hinter sich zuzog und den Weg zur Hütte antrat. Gekleidet in dickes Tierfell, eine Wollmütze auf dem Haupt und mit Handschuhen bekleidet, öffnete er die Eingangstür, die durch den Wind weit aufsprang und eiskalte Luft in die Hütte blies.

    Wie gewünscht zog Laurits die durch den Gegenwind mittlerweile schwere Holztür hinter sich zu und begann sich aus den kalten Sachen zu schälen. Die Wollmütze, ein Überbleibsel längst vergangener Tage, hatte er dabei vollkommen vergessen. Hier in der Hütte und nachdem er die kalte Kleidung abgelegt hatte, spürte er die vom Kamin ausgehende Hitze. Es tat gut die Wärme in den Knochen zu spüren. Für einen Moment stand er vor dem Kamin, streckte die eiskalten Hände dem wärmenden Feuer entgegen, ehe er sich widerwillig davon löste und am Esstisch Platz nahm.

    „Takk.“1 Dankbar nahm er den Teller entgegen, zuckte jedoch als sein Vater ihm die Mütze vom Kopf zog und dabei gleich noch ein paar Haare erwischte. „Hvis du fortsetter sånn, kommer jeg snart til å miste noen hårstrå.“2 Kaum richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Teller vor ihm, stiegen ihm die verschiedenen Gewürze in die Nase.
    „Das riecht wirklich gut. Er gibt sich Mühe, aber es hat noch einige Anläufe gebraucht, bis er sich untergeordnet hat“, erwiderte er auf die Frage seines Vaters. „Es wird sicherlich noch ein langer Kampf, aber ich glaube letztlich hat er die Chance bald den Schlitten zu führen.“ Darin war er fest überzeugt. Einen Schlitten zu ziehen hieß nicht nur Kraft aufzuwenden, sondern auch, besonders wenn man vorne lief, ein gutes Durchsetzungsvermögen und eine gute Führungskraft.

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    1 „Danke“
    2 „Wenn du so weiter machst, verliere ich bald ein paar Haare.“

    Einmal editiert, zuletzt von Riven (9. Dezember 2024 um 21:33)

  • Der Vater ignorierte den verhaltenen Protest seines Sohnes ob der rüden Art, wie ihm die Wollmütze vom Kopf geraubt wurde. Haare hatte der Blondschopf beileibe genug. Über ihren Verlust konnte Laurits sich wieder beschweren, wenn er so alt war wie sein Vater. Fein säuberlich auseinandergefaltet legte Magnus die Mütze auf die warme Ofenoberfläche, wo die Schneeklumpen, die noch daran hafteten, schmelzen und das Gewebe trocknen konnte. Vorsorge. Disziplin. Ordnung. Das war die halbe Miete, um hier draußen zu überleben.

    Wieder am Tisch und genüsslich das zarte Wild aus dem Eintopf zwischen den Zähnen zerkauend, lauschte Magnus der Stimme seines Sohnes, las gleichzeitig in dessen Gesicht. Er konnte nicht genau ausmachen, was es war, dass ihn… irritierte. Aber da war etwas an ihm, das anders war, als sonst. Auf den ersten Blick wirkte Laurits wie immer, aber Magnus kannte seinen Sohn zu gut, um die winzigen Veränderungen in seiner Aura nicht zu bemerken. Der Bub gab sich zwar Mühe, seine Aufregung zu verbergen. Doch sein Körper verriet ihn auf ganz subtile Weise: Da waren zum einen die geweiteten Pupillen – eine physiologische Reaktion auf die Ausschüttung von Adrenalin bei der Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Im Innern der Hütte mochte es zwar schummrig sein, aber nicht so dunkel, dass es sich rechtfertigte, dass das Schwarz von Laurits Pupillen beinahe die gesamte Fläche seiner sonst grün leuchtenden Iriden einnahm. Das Rot in seinen Wangen mochte vom eisigen Wind herrühren, der leicht verkrampfte Sitz von der der Kälte geschuldeten Steifheit seiner Glieder – oder aber, Laurits war nervös. Weshalb auch immer. Vielleicht war das unterschwellige exaltische Fieber lediglich dem Erfolgserlebnis mit Skalli geschuldet. Oder es war etwas anderes. Ganz anderes. Wieder erhob sich ein Wispern im Raum, schwoll langsam zu einem Rauschen an. Ein langgezogenes Pfeifen erfüllte seinen Gehörgang wie ein ungewohnt penetranter Tinnitus. Magnus hörte auf zu kauen, sah mit an, wie aus dem Schatten hinter Laurits eine langfingrige Hand über die Schultern seines Sohnes kroch, liebevoll über seine Brust strich, ehe sich ihre Finger zu einer Kralle verkrampften, die spitzen Nägel sich durch den Stoff seines Pullovers zwischen seine Rippen gruben und Blut zu laufen begann. Von irgendwoher erklang wie fernes Glockenspiel ein Lachen – ihr Lachen.

    "Unterordnung wirst du von einem Tier wie Skalli nicht bekommen. Nicht auf lange Sicht", unterbrach Magnus die Halluzination, mit einer Selbstverständlichkeit und Abgebrühtheit, als hätte es sie nie gegeben. Sein Herr war hungrig, lechzte schon seit Tagen nach einem neuen Opfer, aber er würde sich gedulden müssen. Zumindest noch bis nach dem Abendessen. So viel Zeit musste sein. "Han er mer ulv enn hund.1 Er wird jeden einzelnen deiner Schritte beobachten und dich danach bewerten. Begehst du einen Fehler, wird er nicht zögern, dich herauszufordern. Schlechte Entscheidungen bedeuten dort, wo er herkommt, Hunger, Gebrechen... Tod." Er stocherte mit seinem Löffel in der Suppe, zerteilte dabei eine Pastinake, ehe er mit der Laffe auf Laurits zeigte: "Triff die richtigen Entscheidungen, und Skalli wird dir folgen. Ganz ohne, dass du ihn dir unterordnen und seinen Willen brechen musst." Wolfshunde waren fundamental anders als normale Hunde, die man als Haustiere hielt. Nicht getrimmt darauf, zu gehorchen, schon gar nicht zu gefallen. Die Unabhängigkeit lag in ihrer Natur, war überlebensnotwendig. Sein Junge würde lernen müssen, dass er Skalli diese Ungebundenheit nicht nehmen durfte, wenn er sich die Stärken des Tiers zu Nutzen machen wollte. Es ging darum, einen Vertrag mit dem Wolfshund einzugehen, der für diesen Sinn ergab. Nur dann würde Skalli ihn respektieren. "Ein neuer Anwärter auf den Leithund-Posten, also, ja? So, so… Da wird Odin" – die Rede war vom gegenwärtigen Leaddog in Magnus Gespann – "wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden haben. Aber… vielleicht bist du ja bald bereit für dein eigenes Gespann." Magnus bedachte Laurits mit einem leisen Schmunzeln über den Rand seines Tellers hinweg, den er nun an die Lippen hob und den übriggebliebenen Saft darin austrank, ehe er sich erhob und die Hand nach der Schüssel seines Sohnes ausstreckte: "Mer mat?"2

    Nachdem er Laurits Teller zum zweiten Mal gefüllt und sich selbst ein Tasse Tee eingeschenkt hatte, kehrte er auf seinen Platz am Tisch zurück und lehnte sich in seinem Stuhl ein Stück weit nach hinten, die Beine übereinandergeschlagen, die dampfende Teetasse zwischen den halbbehandschuhten Fingern haltend, während er Laurits einen Moment lang stumm beim Essen zusah, ehe er unversehens fragte: "Hvordan er det? Har du gjort leksene dine?" Der Junge hatte sich heute fast den ganzen Tag alleine beschäftigen müssen, während sein Vater mit den Hunden ins zwei Stunden entfernte Talkeetna gefahren war, um einige Kommissionen zu erledigen. In weiser Voraussicht hatte Magnus ihm deshalb mehrere Kapitel Biologie-Lektüre aufgetragen, damit sich Laurits auch ja nicht langeweilte oder auf dumme Gedanken kam, wie sie bei siebzehnjährigen Halbstarken zu erwarten waren. "Ich glaube, wir sind beim Blutkreislauf stehen geblieben."

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    1 Er ist mehr Wolf als Hund.

    2 Nachschlag?

    3 Wie siehts aus? Hast du deine Hausaufgaben gemacht?

    Einmal editiert, zuletzt von Jinx (17. Dezember 2024 um 12:33)